Heute abend in unserem Wohnzimmer …
Der Mann: “Sei mit nicht böse, aber das kann ich nicht essen. Warum? Tja … also wenn ich nicht wüsste, dass das Wirsing ist, würde ich sagen es ist etwas Anorganisches. Vielleicht eine Folie oder so. Und das da drinnen … Linsen … aber wonach schmecken die so seltsam? Da ist doch irgendwie was Komisches dran. Gorgonzola? Ich liebe Gorgonzola! Aber bitte erinnere mich daran, dass ich nie wieder Linsen mit Gorgonzola esse. Das ist eine unmögliche Kombination. Und der Seitan … Gott, der ist so langweilig. Wenn es wenigstens eine Soße gäbe, in dem man ihn ertränken könnte. Dann würde er vielleicht nach was schmecken. Ach, die Soße, die dabei ist … die schmeckt so, als würde sie zu einem ganz anderen Gericht gehören.”
Das Küchenmädchen: “Wow, ist mir der Wirsing gut gelungen! Weich, aber noch bissfest und so leuchtend grün. Diese Struktur der Blätter sieht einfach so schön aus. Und die Päckchen sind beim Braten nicht aufgegangen, toll. Diese Füllung mit den Linsen mit der leichten Gorgonzolanote war eine Spitzenidee. Der Seitan ist dazu eine prima Grundlange – nicht zu dominant und leicht würzig. Aber was das ganze wunderbar zusammen bringt, ist dieses fantastische Habanero-Dressing. Scharf, ein klein bißchen süß und einfach spitze … Da hab ich heute abend ja echt eine Meisterleistung auf die Beine gestellt. Der Mann wird begeistert sein.”
…
Das unmögliche/tolle Rezept:
Die äußeren Blätter von 1 Wirsing lösen und in kochendem Salzwasser 8 Minuten blanchieren (oder bis sie weich werden). Die Wirsingbätter in kaltem Wasser abschrecken und mit sauberen Geschirrtüchern trocken tupfen. (Mann kann auch Küchenpapier nehmen, aber dann braucht man eine große Menge. Geschirtrücher sind ökonomischer).
100 g gelbe Linsen unter fließendem Wasser spülen (das reduziert die Schaumbildung beim Kochen) und mit 1 Stück gehacktem Ingwer und 1 gehackten Zwiebel in Wasser (ohne Salz) aufkochen. 15 Minuten kochen lassen. Die Linsen sollen weich sein, ohne zu zerfallen. Die Linsen in ein Sieb abgießen, zurück in den Topf geben und 3 EL Gorgonzola unter Rühren darin schmelzen lassen. Mit etwas Salz abschmecken.
2 Seitanburger in einer Pfanne mit 1 Teelöffel Olivenöl braten. Warm stellen.
1/2 Habenero-Chili mit 1 Tomate, 1 TL Honig oder Ahornsirup, 1 Prise Salz, schwarzem Pfeffer und 1 TL Weißweinessig und ein paar Salbeiblättern schaumig pürieren. Anschließen 2 EL Olivenöl unterrühren. Durchziehen lassen.
Die Wirsingblätter ausbreiten und die dicken Rippen mit einem Messer flach schneiden. Dabei an der flacheren Seite ansetzen, das Messer waagerecht zum Blatt halten und dann zum dickeren Ende schneiden. Das geht einfacher, als man denkt. Ein Wirsingblatt für später zur Seite legen.
Auf jedes der übrigen Wirsingblätter 1 EL der Linsen setzen. Die Seiten nach innen falten und die Wirsingblätter nacheinander aufrollen. Sofort mit einem Zahnstocher fixieren.
In einer Pfanne 2 EL Olivenöl erhitzen und die Wirsingpäckchen von beiden Seiten braten, bis sie Farbe genommen haben.
Das zurückbehaltene Wirsingblatt in Streifen schneiden und auf 2 Tellern hübsch auslegen. Je einen Seitanburger auf die Teller setzen und die Wirsingpäckchen darauf arrangieren. Die Zahnstocher vorsichtig entfernen. Mit dem Habanero-Dressing beträufeln und sofort servieren.
Deine Meinung?
Wow, sitzt Du bei uns unterm Tisch. Wenn ich was Neues versuche wirds immer ein Fiasko. Mein Liebster(trotzdem)würde gar nicht mal kosten!!!
Schade für Ihn, muss immer das gleiche essen., während ich mich durch die Welt genieße. Ich koche schon seit ewigen Zeiten für jeden von uns was anderes. Mein Sohn entwickelt sich (halleluja)in meine Richtung.
Hallo Sybille-Anna. Der Mann ist meinen Experimenten gegenüber eigentlich ganz aufgeschlossen – zumindest probiert er immer. Dieses Ma(h)l habe ich wohl einfach ein bißchen viel zusammen gepackt. Linsen, Wirsing und Seitan … da hört der Spaß auf ;-) Aber ich bin nicht sauer. Manachmal liegt man eben daneben. Und Du kochst immer zwei verschiedene Gerichte? RESPEKT! Dass Du da nicht aufgibst, finde ich bewundernswert! Liebe Grüße, Mel.
Jetzt hab ichs Wichtigste vergessen.
Mir schmeckst garantiert.
Is ja super gelaufen…
Naja … sooo schlecht ist es ja nicht gelaufen. Immerhin hatte ich ZWEI Portionen der LECKEREN Wirsingpäckchen für mich allein :-)
Da ich bei dieser Geschichte wie ein Banause erscheine,und das leider auch noch wahr ist, möchte ich kurz eine soeben zusammengebastelte Theorie zur Erklärung beisteuern: Wahrscheinlich habe ich einfach eine starke frühkindliche Prägung bei manchen Lebensmitteln. Wirsing bedeutet für mich: Mamas Kohlrouladen. Linsen signalisieren Mamas Linsensuppe und Gorgonzola heißt Mamas Spaghetti Gorgonzala mit TK-Spinat. Wird hier ein Muster sichtbar? Wenn diese vertrauten Lebensmittel in einem ganz neuen und …ungewöhnlichen?… Zusammenhang auf dem Teller auftauschen, kann man schon mal etwas fremdeln. Seitan weckt bei mir übrigens Erinnerungen an Fußleisten sägen mit Papa, aber das ist eine andere Geschichte.
@Sybille-Anna: Es ist leider wahr – Männer reagieren zurückhaltend, wenn das Abendbrot zu sehr nach Ausverkauf im Gartenbaucenter aussieht. Bevor ich die Küchenfee kennengelernt habe, war mein Lieblingsgemüse übrigens Röstzwiebeln. Heute freue(!) ich mich auf gebackenen Kürbis und unseren Sohn habe ich neulich mit einem Stück rohen Sellerie erwischt. Es besteht also Hoffnung.
Frühkindliche Prägung, keine Ahnung wie die abläuft. Bei uns gab es “Alles”
und auch noch fantastisch gekocht. Trotzdem aß ich als Kind nur Eibrot und Spaghetti.Jetzt ess`ich “Alles”.
Bei meinem Mann gabs immer das Gleiche und das will er immer noch so.(Was der Bauer…)
Doppelt kochen erspart mir viel Stress und Diskussionen.
“Der Mann” soll doch mal was leckeres kochen und posten. Gut schreiben kann er doch.:)))
Hallo Sybille-Anna, wir haben da eine ganz klare Aufgabenteilung: ich koche, der Mann mixt die Drinks (und die macht er viel zu gut ;-)). Und geschrieben hat er auch schon darüber:
https://www.gourmetguerilla.de/?p=1841
Viele Grüße, Mel.
Ich verstehe nicht, warum DER MANN nicht auf das äusserst ästhetisch aussehende Dinner angesprungen ist – gute Looks liebt er ja.
Aber wie es dann immer so ist: was gut aussieht, muss nicht immer gut schmecken und vice versa – das Labskaus lehrt uns das, zum Beispiel.
Bei uns im Haushalt bin ich es, der (Küchen-)Experimente startet.
Und, wie DIE FRAU VOM MANN, renne ich damit nicht immer offene Türen ein, zumal DIE FRAU VOM FREUND VOM MANN bei jedem Essen, das ihr schmeckt (es sind sehr viele) freudig ausruft: “DAS KÖNNTE ICH JEDEN TAG ESSEN”.
Und wenn ich dann etwas Neues ausprobiere, wird auch gern mal nachgefragt, warum ich dieses oder jenes nicht einfach mache – hat doch so gut geschmeckt.
Nun bin ich in vielen Dingen experimentell und offen, vor allem, was Musik und Kunst angeht und das wundert mich: denn DER MANN ist es auch. Und vielleicht hat DER FREUND VOM MANN jetzt in kleine Aufgabe:
DER FRAU zu helfen, das experimentelle Musik-Verstandnis von DEM MANN ein klein wenig auf den Food-Bereich auszuweiten.
Ein guter Vorsatz, Sylvester ist ja auch nicht mehr weit.
Hey, 2012, alles wird neu!
Häh, von wegen frühkindliche Prägung: habe ich etwa vergessen, “dem Mann” beizubringen, dass “‘man’ alles isst, was auf den Tisch kommt!” – und was hat Fußleistensägen mit Seitan zu tun? Habe ich da was verpasst?
@Greta: “Gegessen wird, was auf den Tisch kommt”? Da musst Du in den Siebzigern wohl noch eine zweite Familie gehabt haben, ich kann mich daran nicht erinnern. Das galt ja noch nicht mal bei Oma und Opa, ansonsten hätte ich da wohl kaum 40 Jahre lang ausschließlich Frikadellen bekommen.
Und Seitan: Fußleisten sägen > Holzspäne in den Mund kriegen > schmeckt exkat wie Seitan und die Konsistenz ist auch ähnlich.
P.S.: 40 Jahre Frikadellen ist nicht zu lang! Die kann ich gerne noch ein paar Jahrzehnte essen!
Köstliches Geplänkel. So machts Bloglesen Spaß.