Morgens um halb zehn in Hamburg. Ich habe mein Bestes getan, um einigermaßen ansehnlich auszuschauen, habe das Haar ordnungsgemäß zum Dutt gebändigt, Rouge aufgetragen, versucht die Schokoflecken vom Sohn notdürftig aus dem Kleid zu reiben und all das gemacht, was Frau so tut, wenn sie gleich jemanden datet. Ich bin nämlich mit Achim Sam verabredet. Und Achim ist nicht nur Ressortleiter von Fit for Fun, ausgebildeter Fleischer, studierter Dipl. oec. troph. und hat ein Buch über eine 24-Stunden-Diät geschrieben, nein – Achim ist auch noch der neue Activia Wohlfühlexperte. Sachen gibt´s!
Achim sucht nach Tipps zum Thema „Wohlfühlen”. Denn irgendwie scheint sie den Deutschen recht schwer zu fallen, die Sache mit dem Wohlfühlen. Laut Umfrage hat nur 9% der gesamtdeutschen Bevölkerung ansatzweise eine Idee, was man tun könnte, um sich besser zu fühlen. Aber alle würden es irgendwie gern. Unbedingt. Achim geht der Sache auf den Grund. Und darum wollte er mich gern treffen. Als Expertin in Sachen Essen und Kochen. Icke fühl mir geschmeichelt und schiele nach unten, ob man die Schokoflecken auch nicht zu doll sieht. Auch noch in einem hellblauen Kleid. Keine Ahnung, was mich da heute morgen geritten hat.
Achim ist ein echtes Herzchen und angenehm charmant. Wir plaudern ein bisschen über dies und das und machen dabei einen Smoothie mit Joghurt und Früchten. Liegt ja in der Natur der Sache, wenn man mit Mr. Joghurtdrink-Wohlfühlexperte spricht. Wir schnippeln und mixen und haben Spaß. Und dann lässt Achim die Bombe platzen:
Über die Hälfte der deutschen Frauen gibt in einer Wohlfühl-Umfrage von Activia an, dass sie Essen bzw. eine gesunde Ernährung wichtiger für ihr Wohlbefinden finden, als Sex. Was ich denn dazu meine.
Ähhhm … tja … hust … Sex … Die Frage kommt etwas unvorbereitet. Ist aber nicht uninteressant. So generell. Ich fühle spontan nach, ob der Dutt sitzt. Alles tadellos. Zurück zu Achim und seiner Wohlfühlfrage.
Darüber muss ich mal kurz nachdenken. Ist es wirklich so, dass Essen wichtiger für das Wohlbefinden ist, als Sex? Darf man so etwas überhaupt jenseits des Wochenbettes und vor dem vollendeten 95. Lebensjahr ehrlich und ernsthaft denken und zugeben? Oder landet man damit nicht sofort in einer dieser seltsamen, belächelten Kategorien? Laut bestimmter Frauenzeitschriften auf jeden Fall. Da wird einem ja recht schnell angeraten, mal ernsthaft und kritisch über die Beziehung nachzudenken, wenn man nach einem 10-Stunden-Arbeitstag lieber einen Teller Nudeln als erotische Treffen mit dem Liebsten will. Haahhrgh.
Das Tolle ist: Ich habe einen Foodblog und darf dem Essen in meinem Leben damit automatisch einen durchaus exponierten Platz einräumen. Aber ist Essen generell wichtiger als die körperlich Nähe zu der/die/das liebsten Menschen?
Machen wir ein kleines gedankliches Experiment: Eine Woche lang jeden zweiten Tag dollen Sex, aber nur labberiges, aufgewärmtes Junkfood. Oder: Eine Woche lang keinen Sex, dafür aber wunderbares, köstliches und befriedigendes Essen.
Womit würde es dir besser gehen? Was würde dir mehr Wohlgefühl schenken? Hängt die Frage eventuell von unserem individuellen Alter ab? Oder vom Familienstand oder Geschlecht? Möchte man mit 19 lieber Sex und steckt dafür olles Essen locker weg? Oder wirkt sich unsere Ernährung auch Nahe der 20 schon auf unser Körpergefühl und Selbstbewusstsein aus? Ich kann nur sagen, wie das so um die 40 herum aussieht. Und können wir mit 10 Schnellrestaurant-Cheeseburgern im Bauch generell (guten) Sex haben?
Ich für meine Person kann sagen, dass ich mich durchaus nicht gut fühle, wenn das Essen nicht stimmt. Nein, wirklich nicht. Und dass mir die Sache mit der Ernährung für mein Wohlfühlgefühl total wichtig ist. Das habe ich Achim in einem kleinen Interview dann mal ausführlich erklärt.
Meine Tipps für mehr Wohlbefinden in Sachen Ernährung:
Achim: Hat Essen Einfluss auf Dein Wohlgefühl?
Mel: Ja, total, ein gutes Essen ist für mich ein ganz wichtiger Wohlfühlfaktor. Damit bin ich auch bestimmt nicht alleine: Essen ist für Menschen generell ja nicht nur elementare Ernährung, sondern auch immer Genuss. Das hat eine einfache biologische Erklärung: Dabei wird nämlich Dopamin, ein Hormon, das das Belohnungszentrum anspricht, ausgeschüttet – sofern es sich um erfüllendes Essen handelt. Wenn ich beruflich mehrere Tage unterwegs bin und nur auf ewig warmgehaltene Business-Buffets oder Fast-Food zurückgreifen kann, fühle ich mich körperlich und seelisch direkt unwohl. Zu viel schlechtes Essen, zu wenig Dopamin.
Achim: Nach einem langen Arbeitstag auch noch zu kochen – das empfinden viele Menschen als Stress. Du offenbar nicht. Warum?
Mel: Kochen ist für mich auch ein Handwerk. Etwas mit seinen Händen zu tun und danach das Ergebnis zu sehen, ist überaus befriedigend. Den Prozess des Kochens empfinde ich daher nicht als stressig, sondern als entspannend. Gerade für Büromenschen wie mich, die mindestens acht Stunden am Tag sehr theoretisch arbeiten und am Computer sitzen, kann Kochen ein angenehmer Ausgleich sein.
Achim: Was sind Deine Wohlfühl-Garanten? Hast Du Tipps, die sich leicht umsetzen lassen?
Mel: Klingt lapidar, ist aber schwieriger, als man denkt: Bewusster essen. Sich bewusst werden, was man zu sich nimmt, bedeutet nicht automatisch, auf einen Schokoladenpudding zu verzichten, sondern diesen intensiv und mit allen Sinnen zu genießen. Dazu gehört, auch mal vor dem Verzehr an Nahrungsmitteln zu riechen, diese schön anzurichten und deren Konsistenz und Geschmack ohne Ablenkung zu erleben. Dadurch wird das Essen nicht nur besser verdaut, sondern es wird auch verhindert, zu viel in zu kurzer Zeit zu verschlingen.
Ein weiterer Tipp ist, aus frischen Zutaten selbst ein Gericht zu kochen und dabei auch mal unverarbeitete Zutaten zu verwenden. Den Prozess der Herstellung selbst zu erleben, schafft Wohlbefinden und ermöglicht eine ganz andere Art des Kochens. So kann man auch mal ganz unverkrampft neue Obst- und Gemüsesorten entdecken und den Geschmacksnerven neue Impulse geben. Unsere Sinne werden durch den Zubereitungsprozess dann schon vor dem Essen stimuliert – so lässt sich das Essen dann auch viel intensiver und glücklicher genießen.
Und ein letzter Tipp: Wohlfühl-Essen für die Arbeit mitnehmen. Sich während eines langen Arbeitstags so zu ernähren, dass man sich wohlfühlt, ist nicht einfach – keine Frage. Kleine Veränderungen können aber schon Großes bewirken. Ich bringe mir häufig leckeres und befriedigendes Essen selbst mit, anstelle in die Kantine zu gehen und mir da etwas reinzumümmeln, das bestenfalls einen Kompromiss darstellt. Außerdem vermeide ich wahllose Zwischensnacks aus der Naschi-Box oder gehe zum Essen auch mal an einen anderen Ort, zum Beispiel auf die Wiese. Es ist wichtig, in der Mittagspause nicht immer den gleichen, eintönigen Trott einzuschlagen, sondern sich neue Wege, schöne Geschmackserlebnisse oder einfach mal fünf Minuten an der Luft zu gönnen. Man kann natürlich auch Sex haben. Aber das ist – ähm – mittags vermutlich eher schwierig, so alles in allem. Aus Gründen.
Aber: Warum müssen wir uns eigentlich entscheiden? Am besten wäre doch Sex UND gutes Essen. Und reizende, wohlerzogene Kinder. Und Sonnenschein.
Man muss ja noch Ziele haben dürfen, ne.
Info: Das Interview mit Achim Sam zum Thema Wohlfühlen ist in Kooperation mit Activia enstanden und wird evtl. hier und da in der Presse zu lesen sein. Die Antworten und die Gedanken zum Thema Sex und Essen sind natürlich meine eigenen.
Und hier gibt es sehr viele sehe leckere Rezepte für gutes Essen.
Oh ha, ich musste tatsächlich nicht lange überlegen, ob lieber eine Woche schlechtes Essen und viel Sex, oder eine Woche gutes Essen und kein Sex. Interessanter Beitrag! Da muss ich nochmal intensiver drüber nachdenken.
Liebe Grüße, Lena
Auf jeden Fall interessante Frage und sicherlich auch berechtigt…
Dein Beitrag dazu war sehr angenehm zu lesen ;)
Liebe Grüße
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