Ich stelle das Radio lauter, lasse die Fenster noch ein Stück weiter nach unten und halte die Nase in den Fahrtwind. 23 Grad, strahlender Sonnenschein, ein fantastischer Ausblick auf das azurblau funkelnde Meer – ich weiß gar nicht, wann mir zuletzt so leicht ums Herz war! Durch das Autofenster weht der Duft von würzigen Zypressen und ein Hauch Jasmin, die Sonne prickelt auf meinem Gesicht. Ich gebe beschwingt Gas, lasse die Hora – die Hafenstadt von Tinos – hinter mir und kurve auf der zweispurigen Küstenstraße Richtung Westen. Ein griechischer Popsong dudelt aus dem Radio und obwohl ich kein Wort verstehe, singe ich den Refrain laut mit. Ist ja sonst keiner da, außer mir.
Nur alle 10 Minuten kommt mir ein anderes Auto entgegen – ich bin quasi allein mit Sonne, Wind und Meer
Langsam lasse ich den Meeresspiegel hinter mir, während mein kleiner roter Mietflitzer brav immer höher die Küstenstraße hinauf tuckert. Es ist, als ob mir diese Insel ganz allein gehören würde – nur alle 10 Minuten kommt mir ein anderes Auto entgegen. Einmal hängt mir ein Einheimischer im total eingestaubten und verbeulten Geländewagen hartnäckig auf der Stoßstange, offenbar bin ich ihm mit 35 km/h auf der schmalen Straße deutlich zu langsam unterwegs. Ich fahre rechts ran, winke ihn vorbei und bin bald wieder ganz allein mit der Straße, der Landschaft, der Sonne und dem Popsong.
Kurze Zeit später befinde ich mich schon mehrere hundert Meter über den Meer. Hinter jeder Kurve wartet eine neue Bucht mit fantastischer Aussicht, kleine strahlendweiße Häuschen und Kapellen im typisch kykladischen Stil tauchen vor mir auf, ab und an fahre ich an einem der berühmten tiniotischen Taubentürme vorbei. Und in der Ferne zieht eine der Fähren ihre majestätische Bahn durch das unglaublich blaue Meer. Ich halte am Straßenrand, steige aus und genieße. Dieser Ausblick, diese Luft, diese Stille. In diesem Moment verliere ich für immer ein Stückchen von meinem Herzen an die griechische Insel Tinos.
Tinos – die unbekannte „Insel der Winde“
Die meisten Leute haben von Tinos noch nie gehört und reagieren entsprechend verhalten. „Wo fährst du hin?“ – „Tinos.“ – „Ahhh … ja, das ist … ?!“ – „Griechenland. Eine Insel. Tinos gehört zu den Kykladen.“ – „Richtig, die Kykladen … davon hab ich glaube ich irgendwie schon mal gehört …“ – „Mykonos ist eine Nachbarinsel.“ – „AHHHH … MYKONOS, DIE KYKLADEN – ABER NATÜRLICH!“ Das ganze ist überhaupt nicht schlimm, denn wer kann schon jede der über 3.000 griechischen Inseln kennen. Allerdings kennt fast jeder Mykonos. Die anderen wunderschönen Kykladen-Inseln bleiben dagegen ganz häufig im Hintergrund. Und während sich auf Mykonos dann die Massen durch Gässchen und Straßen wälzen und 30 Minuten für ein Instagram-Selfie an den berühmten Foto-Hot-Spots warten, geht es auf den anderen Kykladen ungleich ruhiger und beschaulicher zu. So auch auf Tinos.
Tinos hat eine Geschichte, die weit in die Antike zurückreicht und besitzt schon seit Jahrtausenden den klingenden Beinamen „Insel der Winde“. Auf der knapp 200 Quadratkilometer großen Insel – so die griechische Mythologie – soll nämlich einst der Windgott Aiolos geboren worden sein. Außerdem ist es auf Tinos tatsächlich immer windig. Es bläst so kontinuierlich, dass die jahreszeitlich unterschiedlichen Winde aus verschiedenen Himmelsrichtungen sogar eigene Namen haben. Windmühlen-Ruinen zeugen auf Tinos noch heute von der Jahrhunderte alten Windkraft-Nutzung für die Landwirtschaft.
Geburtsstätte von Göttern und beschauliches Inselleben
Und darum sind die Bewohner von Tinos auch ein klein bisschen sauer auf die Leute von Mykonos. Die haben sich nämlich – so erzählen die Einheimischen hinter vorgehaltener Hand – einfach den Namen „Insel der Winde“ geklaut und für Marketingzwecke schicke Windmühlen aufgebaut, die es dort vorher so gar nicht gab. Das nagt an den Tinotern und so erntet man, wenn die Sprache auf die Nachbarinsel Mykonos kommt, hin und wieder strenge Blicke und ein sehr aussagekräftiges „Pah!“. Für sie gibt es nur eine wahre Insel der Winde – Tinos, die Geburtsstätte des mächtigen Windgottes.
Heute leben auf Tinos in dem Hauptort mit Hafen und in ca. 50 kleineren Dörfern knapp 8.000 Einwohner. Außerhalb der Saison geht es äußerst ruhig und beschaulich zu – niemand schließt dann hier seine Wohnungstür ab. Damit beginnt man erst, wenn im April wieder die Zeit für Touristen startet. Und die kommen auf Tinos weiterhin hauptsächlich aus Griechenland selbst. Insbesondere die Athener lieben die durch den Wind angenehmen Temperaturen und die frische Luft auf Tinos. Außer im August. Dann wird der Wind auf der Insel so stark, dass es einem waschechten Griechen bei knapp 30 Grad zum Baden einfach deutlich zu kalt wird.
Engagierte Inselbewohner und ihr Genuss-Festival – TinosFoodpaths
Englische Pubs, deutsche Schnitzelbratereien, amerikanische Burgerketten und andere schreckliche Anzeichen für einen aus dem Ruder gelaufenen Tourismus findet man auf Tinos nicht. Manche sagen sogar, dass es auf den unbekannteren Kykladen-Inseln teilweise noch so authentischen gemächlich sei wie in Griechenland vor 30 oder 40 Jahren. Das würde man aber den einheimischen Inselbewohnern nicht wirklich wünschen. Das Leben auf den Inseln war in den 80er Jahren teilweise noch extrem hart – vor allem im Winter, wo unerbittliche Kälte (die Häuser hatten und haben meist keine Heizung) und monotone Einsamkeit den Inselbewohnern arg zugesetzt haben. Aber vielleicht meinen diese Stimmen auch, dass die Inselbewohner ihre Kultur und Lebensweise zuliebe der Touristenströme nicht ausverkauft haben, sondern weiterhin täglich leben.
Hochwertige Lebensmittel aus lokalen Produkten – als Tourist kann man das sogar in den ganz normalen Restaurant erleben
Ein wichtiger Teil dieser tinotischen Kultur ist die authentische Inselküche. Gerade in den letzen Jahren hat sich gezeigt, dass Besucher genau das schätzen und suchen: qualitativ hochwertiges Essen aus lokalen Produkten. Und da hat Tinos einiges zu bieten. In Zusammenarbeit mit der griechischen Tourismusförderung rief eine Gruppe von engagierten Inselbewohnern darum auf der Insel das Foodfestival TinosFoodpaths ins Leben. Diese Tinoter arbeiten ohne Bezahlung und freiwillig neben ihren normalen Jobs an dem Festival mit und gestalten mehrere Wochen im frühen Sommer liebevoll rund um das Thema Essen und Genuss.
Dazu gehören besondere Speisekarten in vielen Restaurants, Führungen, Live-Cookings mit populären Köchen, Vorträge, Produkt-. und Weintastings und ganz besondere Essen an fantastischen Orten der Insel. Die großartigen Leute von TinosFoodPath arbeiten voller Leidenschaft für ihre Insel und wollen Genusskultur und Produkte unmittelbar erlebbar machen. Selten habe ich so einen positiven Spirit und berührenden Zusammenhalt erlebt. Es lohnt sich also, Ausschau nach besonderen Veranstaltungen und Aktionen von TinosFoodpaths zu halten.
Von wegen Metaxa-Platte – authentische Inselküche mit viel Gemüse
Gemüse in allen Variationen steht im Vordergrund der tinotischen Küche. Auch wenn das Wasser auf Tinos sehr bewusst eingesetzt werden muss, wachsen Obst und Gemüse unter der griechischen Sonne ganz fantastisch. Frisch aus dem eigenen Garten geerntet werden Zucchini, Tomaten, Zwiebeln, Auberginen, Kartoffeln, Artischocken, Mangold, Blattsalate und Co. zu frischen, aromatischen Gerichten verarbeitet. Eingelegte Kapern und säuerlich-salziges Seegras setzten spanende Akzente. Linsen und Bohnen und Produkte aus Ziegenmilch ergänzen den Speiseplan. Dazu gibt es Blätterteig-Pastetchen oder gefüllte Nudeln. Auch Fisch und Meeresfrüchte spielen eine wichtige Rolle. Traditionell ist der Fleischanteil der Inselküche eher geringer und wird als etwas besonderes empfunden.
Geschmortes Ziegenfleisch und salzige Käsetörtchen – traditionelle Inselküche mit besonderen Spezialitäten
Vor allem die Ziegen gehörten auf Tinos zu den traditionellen Nutztieren. Sie liefern Milch, Fleisch sowie Leder und trotzen genügsam und robust Hitze, Kälte und Dürre. Wenn man auf der Gebirgsstraße im Westen der Insel fährt, begegnen einem regelmäßig vollkommen freilaufende Ziegenherden, die auf der warmen Straße ein kleines Mittagspäusschen einglegen. Oder in den Felsen klettern und auf der Suche nach dem leckersten Grün sind. Ziegenfleisch ist auf Tinos eine fantastische Delikatesse und eignet sich besonders toll zum Schmoren – man findet es vor allem auf den Speisekarten der dörflicheren Tavernen. Auch auf der Weide gehaltene Rinder kommen auf der Insel vereinzelt vor. Sie sind allerdings ungleich aufwendiger zu halten als Ziegen und benötigen sehr viel mehr Futter und Wasser. Ein Stück tinotisches Inselrind ist also wirklich etwas ganz besonderes.
Natürlich haben sie Leute auf Tinos – wie im Süden üblich – auch einen ausgesprochen süßen Zahn. Neben den berühmten salzig-süßen Käsetörtchen mit milden Ziegenfrischkäse, gibt es eine unüberschaubare Menge an Keksen, Sesamkrokant und anderem Süßkram. Besonders angetan hat es mir ein noch warmer, mit Orangensirup getränkter Grieskuchen in einem kleinen Kaffee in einem winzigen – leider namenlos gebliebenen – Dörfchen.
Bier, Insel-Marmelade und Käse aus dem Kürbis – Mikrobrauereien, handwerkliche Manufakturen und StartUps auf Tinos
Die Craft- und Manufakturbewegung hat auch genussinteressierte Menschen auf Tinos inspiriert. In den letzen Jahren wurden erfolgreich kleine Unternehmen gegründet, die hochwertige Produkte auf Tinos handwerklich herstellen.
Da wäre beispielsweise die plietsche Frauenkooperative für Marmelade. Fünf Damen mit recht große Gärten voller Obstbäume hatten sowieso immer schon für den eigenen Bedarf eingekocht. Daraus könnte man doch ein Business machen! Kurzerhand gründeten die Damen eine eigenen Marke für tinotische Marmeladen. Aus ihren Ernten kochen sie qualitativ hochwertige Marmeladen aus tinotischen Obst „wie früher“ – also nur aus Zucker und Obst. Damit sind sie sehr erfolgreich – ihre wirklich köstlichen Marmeladen sind auf der ganzen Insel erhältlich.
Nissos Bier – die inseleigenen Mikrobrauerei mit handwerklich hergestellten Bier
Eher aus der wirtschaftlichen Not während der Finanzkrise heraus wurde die Idee geboren, auf Tinos eine Mikrobrauerei zu gründen. Alex Kouris brauchte eine neue Geschäftsidee, besuchte Tinos, verliebte sich in die Insel und hatte 2012 spontan die Idee, hier eine neue Biermarke zu etablieren. Warum sollte auf Tinos nicht klappen, was in Berlin und Berchtesgaden funktioniert? Zusammen mit seiner Partnerin machte er sich schlau für das Bierbusiness und gründete die Marke Nissos Bier. Mit durchschlagendem Erfolg!
Das handwerklich auf Tinos hergestellte Bier hat nicht nur in Griechenland Kenner überzeugt und begeistert inzwischen auch Bierfans weit über die Landesgrenzen hinaus. Man kann die kleine Brauerei übrigens besuchen, leckere Biersorten verkosten und – wenn man Glück hat – auch einen Blick in die Produktion werfen und den sehr sympathischen Chef werfen. Schaut bei einer Inseltour unbedingt vorbei!
Inselspezialität Kapiki – der Käse im Kürbis
Eine weitere besondere Delikatesse auf Tinos ist Kapiki, der Käse im Kürbis. Die Tradition, Käse in einem Kürbis reifen zu lassen, gibt es schon lange auf der Insel. In einer wirklich winzigen Käserei wird der Käse jetzt auch „serienmäßig“ hergestellt und an Restaurants und Spezialitätenläden verkauft. Der Käse reift im fest verschlossenen Kürbis 120 Tage lang und entwickelt eine Edelschimmelschicht, die einen ganz besonders ausdrucksstarken und scharfen Geschmack erzeugt.
Ebenfalls in langer Tradition wird der Ziegenkäse im Korb hergestellt. Die Körbchen für den Käse werden in alter handwerklicher Tradition geflochten und mit einem Tuch ausgelegt. Dann wird der Käsebruch hineingegossen und bildet die typische halbrunde Form.
Die griechischen Tauben und ihre venezianischen Türme
Die Insel Tinos schaut auf eine bewegte Geschichte zurück. Götter wurden hier geboren, man gehörte in der Antike dem Zweiten Attischen Seebund an und kämpfte gemeinsam mit den Athenern gegen die Perser. Um 1200 n.Ch. eroberten die Venezianer die Insel und stellen sie unter die Herrschaft der Republik Venedig. Um 1700 n.Ch. landeten dann schließlich die Osmanen an und nahmen Tinos unter ihre formale Verwaltung. Erst ab 1821 wurde Tinos wieder Teil des griechischen Staates. Für unglaubliche 500 Jahre war Tinos also venezianisch – und das kann man heute noch eindrucksvoll an den wundervollen Taubentürmen auf Tinos sehen.
Im Venedig des Mittelalters gehörte es zum guten Ton, Tauben als Wild-Geflügel zu verzerrten. Wir sprechen hier natürlich nicht von grauen und leicht heruntergekommenen Stadttauben auf dem Markusplatz, sondern von zarten, kleinen weißen Vögelchen. Die auf der Insel lebenden Venezianer brachten also ihre Tradition der Taubenzucht mit und kultivierten diese über Jahrhunderte.
Taubentürme – wunderschöne Architektur mit praktischem Doppel-Nutzen
Die architektonisch wunderschön ausgeführten Taubentürme sind innen ohne Zwischenböden und bieten im Mauerwerk kleine Schlupflöcher, die perfekt für die Größe einer zierlichen Mittelmeer-Taube passen. Für andere Vogelarten oder sogar Raubvögel sind die Türme daher nicht interessant. Die Tauben sitzen mit dem Kopf nach außen in ihren Nest-Löchern, ihre Hinterlassenschaft fällt im Turminneren auf den Boden. So entsteht eine Win-Win-Situation für Taube und Mensch. Die Taube findet sicheren Unterschlupf und vermehrt sich entsprechend gut. Der Mensch sammelt den Taubenkot aus dem inneren des Turms und setzt ihn als wertvollen Dünger auf dem eher kargen griechischen Inselboden ein. Der Taubendünger war sogar lange Zeit ein wichtiges Exportgut der Tinoter.
Taubenfleisch – von der Kriegsration zur Inseldelikatesse
Diese Symbiose hart über lange Zeit hervorragend funktioniert und das Taubenfleisch hat die Bewohner von Tinos viele Male über Dürreperioden oder Missernten hinaus am Leben erhalten. Taube wurde zur inseltypischen Delikatesse. Und wenn man Glück hat, dann kann man auch heute noch in einem Restaurant Taube auf der Karte finden – als Ragout in würziger Soße, als Füllig für knusprige Pasteten oder mit Kräutern in einer aromatischen Taubenboullion. Letztere konnte ich probieren und fand sie mit dem eher dunklen, leicht nussigen Taubenfleisch sehr lecker und aufregend ungewöhnlich.
Über 800 Taubentürme stehen heute noch über die ganze Insel verteilt, sind aber größtenteils nicht mehr aktiv für die Taubenzucht in Betrieb. Manche sind nur noch als Ruine erhalten, viele befinden sich allerdings in einem herrlich restaurierten Zustand. Die Besitzer des Landes, auf dem ein Taubenturm steht, entscheiden selbst, wie sie mit diesem Stück Inselgeschichte umgehen möchten. Und viele entscheiden sich erfreulicherweise dafür, die Taubentürme aufwendig zu restaurieren und ihnen ihren alten Glanz zurückzugeben. So tragen sie maßgeblich als Wahrzeichen der Insel zu dem typischen Flair von Tinos bei.
Der Fischer und sein Pelikan
Ein Wahrzeichen ganz anderer Art kann man tagsüber dann auf dem Bordstein der belebten Hafenstraße der Hora erleben. Beim ersten Mal sah ihn im Vorbeifahren aus dem Auto – und dachte kurz, ich hätte tatsächlich eine Halluzination oder außerirdische Erscheinung: Ein mannshoher, rosafarbener Pelikan stand abwartend am Straßenrand und schaute mich aufmerksam an. Gerade konnte ich noch eine impulsive Vollbremsung unterdrücken. Was für ein gigantischer Vogel! Was für ein massiver Schnabel! Der konnte doch nicht echt sein, mitten in der trubeligen Hafenstadt – aber er hatte sich unzweifelhaft bewegt.
Das Rätsel wurde am nächsten Abend gelöst. Bei einem Spaziergang durch die Gassen der Hora kam ich beim örtlichen Fischgeschäft vorbei – und da saß der Pelikan brav vor der Tür und beobachtete die Passanten. Der Fischer hatte vor Jahren auf einer seiner frühmorgendlichen Touren den noch sehr jungen Pelikan in einem Netz verfangen aufgefunden. Er befreite den Vogel, stelle fest, dass er sich den Flügel gebrochen hatte und nahm in kurzerhand mit nach Hause. Während der Flügel heilte, entwickelte sich eine enge Bindung zwischen Mensch und Vogel. Der Pelikan blieb beim Fischer und gehört jetzt als Maskottchen fest zum Laden dazu. Tagsüber unternimmt er gern allein Spaziergänge in die Umgebung, steht am Straßenrand und beobachtet die Autos und Passanten. Dann kehrt wieder in Fischladen zurück, macht vor der Tür ein Nickerchen oder sitzt neben der Kasse, wenn der Fischer die Abrechnung des Tage macht.
Tinos gefiedertes Wahrzeichen mit eigenen Postkarten
Für die Tinoter gehört er fest zum Stadtbild dazu. Und auch die Touristen sind meistens ganz schnell ganz schwer in das gefiederte Maskottchen verliebt. Inzwischen wurden von Peli sogar Postkarten gedruckt, damit auch die Daheimgeblieben etwas von dem tollen griechischen Pelikan haben.
Und wenn man es dann schafft, seine Begeisterung für das tolle Tier im Zaum zu halten, kann man sich auch der tagesfrischen Ware des Fischers zuwenden: spannender Fisch und üppige Meeresfrüchte für ein köstliches Abendessen.
Mastix und das U-Boot. Oder der leicht verstörende Geschmack von Baumharz.
Eine ganz besondere Spezialität auf Tinos sind außerdem Produkte mit Mastix. Das intensiv schmeckende Harz von Pistazienbäumen gibt als besonders lecker und wird darum im Schnaps „Masticha“, Mineralwasser, Eis, Süßigkeiten und vielen anderen Genussmitteln verarbeitet. Für viele Kykladenbewohner ist Mastix der Geschmack ihrer Kindheit. Und dieser Geschmack ist eindeutig… gewöhnungsbedürftig. Als traditionelles Dessert nach dem Essen wird übrigens sehr gern ein „U-Boot“ gereicht. Das ist ein großer Löffel mit einer sehr zähen und süßen, nach Mastix schmeckenden Zuckermasse in einem Glas kalten Wasser. Entweder man liebt es, oder man hasst es. Ausprobieren sollte man es aber auf jeden Fall. Mastix und ich werden in diesem Leben allerdings keine dicken Freunde mehr werden.
Griechisch einkaufen. Auf dem Bauernmarkt, im Supermarkt oder bei Tante-Emma im „Pantopoleion“.
Der ultimative Einkaufstipp für frisches, auf der Insel angebautes Obst und Gemüse auf Tinos ist der Bauernmarkt unten auf dem Hafenparkplatz. Hier bieten Erzeuger der Insel jeden Vormittag ihre gartenfrischen Produkte, frischen Käse sowie Eingemachtes an. Wer also auf regional angebaute, frische Lebensmittel steht, wird am Bauernmarkt nicht vorbeikommen.
Ansonsten gibt es auf Tinos in der Hora, der Inselhauptstadt, lediglich zwei oder drei größere Supermärkte, die ein übliches Vollsortiment an Lebensmitteln und Dinge des täglichen Bedarfs führen. Vieles von dem dort angebotenen Obst und Gemüse stammt – wie in Resteuropa auch – allerdings aus Spanien oder anderen großen Anbauländern. Anders ist es mit Käse, Oliven, Olivenöl, Kapern, eigelegten Algen, Marmeladen, Bier oder anderen haltbaren Lebensmitteln – diese auf der Insel hergestellte Produkte findet man – neben den üblichen internationalen Marken – häufig auch besonders gekennzeichnet im Supermarktregal.
Die „Kitsch-Straße“ ist auch für regionale Produkte einen Besuch wert
Viele Produkte der Insel gibt es auch in den hübschen Spezialitäten-Geschäften im kleinen Viertel rund um die „Kitsch-Straße“ – so nennen die Einheimischen die einzige, wirklich touristische Gasse „Evaggelistrias“ voller Andenken- und Devotionalien-Läden, die in der Hora vom Meer zur Wallfahrtskirche hinaufführt. Neben Marmeladen der Frauen-Kooperative, Käse, Kapern und Co. sind Süßigkeiten eine allgegenwärtige Spezialität der Mittelmeerinsel. Verschiedene Bäcker bieten die berühmten Tinotischen Käseküchlein, unzählige Sorten Kekse und Gebäck, mit weißem Nougat gefüllte, große runde Oblaten und in verschiedenen Farben leuchtendes Fruchtgelee an. Gebäck, Kekse und Co. werden übrigens nach Gewicht berechnet. Man sollte es sich nicht entgehen lassen, die verschiedenen Köstlichkeiten zu probieren und auf einem Bummel durch die Hora zu vernaschen.
Pantopoleion – die „wir verkaufen alles“ Tante-Emma-Läden
In den kleineren Dörfern findet man ganz oft noch urige Tante-Emma-Läden, einen sogenannten Pantopoleion – „in der Übersetzung ungefähr „wir verkaufen alles“. Dort bekommt man auf kleinstem Raum das Lebensnotwendigste wie Wasser, Kerzen, Brot, Mehl, Damenhygiene und Waschpulver, zudem ein paar Zeitschriften, Eis, typische Süßigkeiten und manchmal auch örtlich angebautes frisches Gemüse wie Zwiebeln und Tomaten, Gebäck oder selbst gemachten Käse. Ein ganz besonders pittoresker Pantopoleion befindet sich im Städtchen Isternia in einer kleinen Gasse gleich hinter der Kirche Agia Paraskevi. Ein Besuch lohnt sich immer – aus Höflichkeit sollte man aber nicht nur Fotos machen, sondern auch mindestens eine Kleinigkeit kaufen. Support your local dealer.
Fleisch gab es – bis zum Sommer 2018 – übrigens nur bei den beiden angestammten Metzgern in der Hora. Dass einer der beiden Supermärkte nun auch Frischfleisch ins Sortiment aufgenommen hat, kam bei vielen Inselbewohnern nicht so besonders gut an. Sie sehen für die traditionellen Metzger eine unnötige Konkurrenz und befürchten, dass bald viel mehr Menschen das günstigere Supermarktfleisch kaufen werden. Wer also wie die Einheimischen Fleisch einkaufen möchte, geht zu einer der beiden traditionellen Metzgereien in der Hafenstadt.
Zucchini mit Zitrone, grünes Gemüse und geschmorte Ziege. Authentisch auswärts essen.
Während der griechischen Wirtschaftskrise hat sich das Restaurantangebot auf Tinos zunächst sehr verändert. Die zumeist griechischen Besucher der Insel mussten sehr auf ihr Geld schauen und bevorzugten in dieser Zeit sehr günstiges Essen für wenige Euro. Damals schossen diverse Souvlaki-Läden sowie Pommes- und Pizzabuden in der Hora aus dem Boden, während traditionelle Restaurants aus Mangel an Gästen schließen mussten. Inzwischen hat sich das gastronomische Angebot auf Tinos wieder erholt und ist erfreulich hochwertig und vielfältig.
Natürlich spricht überhaupt nichts dagegen, sich ein saftiges Souvlaki Fleischspießchen aus Schwein oder Huhn „auf die Hand“ zu holen und auf einer Bank am Meer mit Blick auf den Sonnenuntergang zu picknicken. Entlang der Hafenstraße der Hora findet man zudem verschiedene typische oder moderne griechischer Tavernen, in denen veritables Essen für die ganze Familie in verschiedenen Preisklassen angeboten wird. Aber da ist noch mehr.
Tinos traditionelle Inselküche modern interpretiert – das muss man probieren
Es gibt eine Reihe von Restaurants und Köchen, die sich wunderbar ambitioniert einer authentischen tinotischen Küche mit Inselprodukten verschrieben haben. Warmer aromatischer Gemüsesalat, ganz kleine frisch geerntete Zucchini mit Zitronendressing, gekochtes grünes Gemüse (eine bestimmte, wild wachsende Pflanzenart, die wie Spinat zubereite wird), zartes Mus aus Favabohnen, Rindfleisch mit Artischockenpüree, Taubenragout, gegrillte Meeresfrüchte, delikat geschmortes Ziegenfleisch, tinotische Käsespezialitäten zu Marmelade aus inseleigenen Zitronen, feinstes Olivenöl, frische Oliven und hausgebackenes Brot – traditionelle Gerichte aus regionalen Produkten ganz modern und köstlich interpretiert.
Die Geheim-Tipps der Einheimischen: Diese Restaurants muss man besucht haben
Ein echtes Highlight ist z.B. das zwanglose Restaurant Thalassaki, das sich links am Ende der Strandstraße in der Bucht von Isternia befindet. Die Küche ist wirklich ausgezeichnet und auch bei Einheimischen überaus beliebt. Sehr gut gegessen habe ich 2018 außerdem bei Perfekt Aromen / Τηνίων Γεύσεις in der Gasse Taxiarches 2. Einen sehr guten Eindruck mit modernen Interpretationen der griechischen Küche machte auch das Restaurant Drakonissi / Drakonési am Strand von Kolimpithra – von der Terrasse hat man einen umwerfen Blick auf die Bucht. Von einer einheimischen Kennerin empfohlen wurde mir außerdem das Restaurant Unser / δικό μας- diko mas in der Ir. Politechniou direkt am Stadtstrand der Hora.
Für brandaktuelle Tipps fragt man am besten einfach die Einheimischen, in welchem Restaurant gerade eine besonders gute und authentische Küche angeboten wird. Die Restaurantlandschaft und die Köche können sich von Saison zu Saison nämlich auch mal verändern.
Der transparente Satz
Ich wurde von Discover Greece, TinosFoodpaths und Aegean Air zu dieser Pressereise eingeladen. Herzlichen Dank dafür! Bei den fantastischen freiwilligen Mitarbeitern von TinosFoodpaths möchte ich mich noch einmal ganz besonders für die Gastfreundschaft und ihr herausragendes Engagement, Besuchern die Inselkultur nahezubringen, bedanken. Es war eine großartige Zeit mit tollen Menschen! Meine Berichterstattung basiert auf persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen und erfolgt ohne Vergütung. Es wurde kein Einfluss auf die Inhalte meiner Arbeit oder die Darstellung der Insel Tinos genommen.
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