TEIL 1: Glutenfreie Ernährung ist in der letzten Zeit ein richtiges Trend-Thema geworden. In den Supermarkregalen findet man immer mehr Produkte, die frei von Gluten sind und eine besondere Kennzeichnung aufweisen. Glutenfreie Rezepte entern die Kochzeitschriften und einschlägige Blogs. Amerikanische Superstars lassen verlauten, dass sie dank dieser speziellen Ernährungsform mal eben Gewicht im zweistelligen Bereich verloren haben. Und für die Haut soll es die allertollsten Effekte geben. Irgendwie kommt man an dem Thema kaum noch vorbei. Aber was ist eigentlich wirklich dran an diesem Gluten? Lohnt es sich auf Gluten im Essen zu verzichten oder ist das alles Humbug, um dem Verbraucher möglichst viel Geld aus der Tasche zu ziehen? Ich habe mir die Sache genauer angesehen.
Was ist Gluten, wofür ist es gut und was kann es für unsere Ernährung bedeuten?
Wie so oft hat mich meine Suche nach neutralen Informationen zuerst zu Wikipedia geführt:
„Gluten [gluˈteːn][1] (aus lat. glūten[2] „Leim“), Kleber oder Klebereiweiß, ist ein Sammelbegriff für ein Stoffgemisch aus Proteinen, das im Samen einiger Arten von Getreide vorkommt. Wenn Wasser zu Getreidemehl gegeben wird, dann bildet das Gluten beim Anteigen aus dem Mehl eine gummiartige und elastische Masse, nämlich den Teig. Der Kleber hat für die Backeigenschaften eines Mehls eine zentrale Bedeutung. Bestandteile des Glutens können jedoch bei Menschen mit entsprechender Veranlagung zu Glutensensitivität beziehungsweise Zöliakie führen, einer entzündlichen Erkrankung der Darmschleimhaut mit weitreichenden gesundheitlichen Folgen.”
Nach Wellness, gesundem Lebensstil oder Gewichtsreduktion klingt hier erst einmal gar nichts. Stattdessen ist man ziemlich schnell bei einer schwerwiegenden Erkrankung angekommen: Zöliakie. Und auch Glutensensitivität klingt ehrlich gesagt weniger nach einem Wellness-Spaziergang, als vielmehr nach einer ziemlich ernsten Angelegenheit. Gluten ist also vor allem ein Thema für Menschen, die das Klebereiweiß nicht vertragen und deshalb unter starken Beeinträchtigungen leiden. Ich recherchiere weiter und verbringe die nächste Stunde damit, die verschiedenen Formen von Glutenunverträglichkeit, die Symptome und Diagnoseformen kennen zu lernen.
Glutenunverträglichkeit und die Symptome
Grundsätzlich kann man im Zusammenhang mit Glutenunverträglichkeit drei Diagnosen unterscheiden: Weizenallergie, Zöliakie (die Entzündung der Darmschleimhaut) und Glutensensitivität. Die Symptome für die drei Erkrankungen sind vielfältig: Übelkeit, Blähungen und Unwohlsein, Hautausschläge, Juckreiz und Kribbeln sowie Atemnot, Stimmungsschwankungen, aber auch schwere Durchfälle, Migräne, Veränderungen im Blutbild oder sogar Wachstumsstörungen bei Kindern werden beobachtet. Dabei bleiben die Symptome häufig erst einmal diffus und werden zum Teil zunächst auch mit anderen Erkrankungen in Verbindung gebracht.
Im Vergleich zu einer Weizenallergie und der Zöliakie, die sich durch Diagnoseverfahren beim Arzt oder in Kliniken positiv nachweisen lassen, kann man Glutensensitivität eigentlich nur durch eine sogenannte Ausschlussdiagnose feststellen. Zunächst werden dabei eine Weizenallergie und eine Zöliakie ausgeschlossen, um dann mit einer Phase von glutenfreier Ernährung zu beginnen. Lassen die Symptome daraufhin deutlich nach, kann man davon ausgehen, glutensensitiv zu sein.
Diese Tabelle fasst die verschiedenen Diagnosen und Krankheits-Symptome im Zusammenhang mit Glutenunverträglichkeit übersichtlich zusammen:
Quelle: Glutenunverträglichkeit erkennen
In welchen Nahrungsmitteln kommt Gluten vor und was kann man bei Glutenunverträglichkeit überhaupt essen?
Grundsätzlich muss man bei Glutenunverträglichkeit Getreide wie Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Grünkern, Dinkel und auch Urkornarten wie Kamut meiden. Zusätzlich sind alle Produkte nicht geeignet, die auch nur kleinste Bestandteile oder Auszüge von Getreide auf der Zutatenliste haben. Das gilt für Brot und Gebäck jeder Art genauso wie für Pizza, Nudeln, Soßen, Süßigkeiten, viele Convenience-Produkte, Würzmischungen und Fertiggerichte bis hin zu Feinkostsalaten, Käsezubereitungen, Wurst und Bier.
Obst und Gemüse sind dagegen glutenfrei und können genauso risikofrei verzehrt werden wie Milch, Käse, Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte sowie Öle und Fette. Aber auch auf Getreide muss man nicht komplett verzichten: Mais, Reis, Buchweizen und Hirse sind ebenfalls glutenfrei. Zudem bieten verschiedene Hersteller eine immer breiter werdende Palette an glutenfreien Produkten wie Nudeln, Backwaren aller Art, Backmischungen, Mehle, Knabberkram und sogar Fertiggerichte wie Pizza an.
Was leistet eine glutenfreie Nahrung für Menschen, die nicht an Glutenunverträglichkeit leiden?
Schädlich ist eine glutenfreie Ernährunges sicherlich nicht – vor allem, wenn man auf frische Lebensmittel zurückgreift und diese selbst zubereitet. Aber für Menschen ohne Glutenunverträglichkeit ist es ziemlich unsinnig, nur noch spezielle glutenfreie Produkte zu erwerben und ihre Ernährung komplett darauf umzustellen. Im Vergleich ist das ungefähr so, als würden Menschen ohne Diabetes nur noch speziell produzierte Lebensmittel für Menschen mit Diabetes verzehren. Zudem sind glutenfreie Produkte teurer als Lebensmittel mit Gluten und bieten nicht
automatisch positive Effekte wie Gewichstreduktion oder eine Verbesserung des Allgemeinzustandes. Gerade die Gewichtsreduktion hängt in vielen Fällen nicht mit dem Verzicht auf Gluten, sondern mit einer insgesamt bewussteren Ernährung zusammen. Wer keine Nahrung mit normalem Getreide zu sich nimmt, isst meist viel weniger Fett, Kohlenhydrate und Zucker, da auf Convenience-Produkte oder Fast-Food verzichtet und selbst mehr gekocht wird.
Glutenfreie Ernährung ist also sicherlich kein hipper Lifestyle oder Wundermaßnahme zum Abnehmen, sondern vielmehr eine dringend notwendige und auch anstrengende Diät bei einer Dysfunktion bzw. Erkrankung des Körpers. Nur durch konsequente Umstellung des Lebensstils und strenge Vermeidung von glutenhaltigen Nahrungsmitteln, lassen sich die Krankheitssymptome bei Betroffenen in den Griff bekommen und eine Verschlechterung abwenden.
Noch mehr Infos zum Thema Glutenunverträglichkeit findet Ihr zum Beispiel auf der Seite Glutenunverträglichkeit erkennen, bei der Deutschen Zöliakie Gesellschaft oder bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
Wie Menschen mit Glutenunverträglichkeit sich überhaupt fühlen, wie sie mit ihrer Erkrankung umgehen und ihren Alltag gestalten, habe ich in einem Interview mit einer Betroffenen erfahren. Dazu mehr im nächsten Post.
Info: Die Mini-Serie wird unterstützt von Dr. Schär, dem Spezialisten für glutenfreie Ernährung.
Ein sehr spannender Beitrag, danke, dass du so viele Informationen zum Thema Gluten zusammengetragen hast!
Generell ist eine Glutenunverträglichkeit definitiv nicht angenehm und für die Betroffenen sehr einschränkend. Allerdings ist es auch so, dass die Zahl der laut eigener Aussage Betroffenen seit dem Boom der glutenfreien Produkte um den Faktor zehn zugenommen hat. Ob dies mit der größeren Bekanntheit der Erkrankungen oder mit einem schnellen “Das vertrage ich nicht” zu tun hat, wäre sehr interessant zu erfahren. Wahrscheinlich ist es wohl eine Mischung aus beidem, oder?
Jetzt freue ich mich schon auf den zweiten Teil und sende liebe Grüße,
Mia
Ein sehr interessanter Artikel! Glücklicherweise kann ich Gluten essen und habe damit auch keinerlei Probleme.
Ich habe dieses Jahr 15 kg an Gewicht verloren. Das ging eigentlich ganz einfach, viel selber kochen, weniger Fleisch, mehr Bewegung und auf einmal war ich leichter.
Danke für deinen Bericht. Als Betroffene kann ich dir sagen,dass es nicht immer einfach ist. Oft überkommt einen der Heißhunger auf einen fiesen Burger, Pizza oder oder… tja, ab und zu gebe ich dem nach, allerdings nur zum WE – dann kann ich mich “regenieren” ;) Ein Problem bleibt, die Produkte sind oft preislich in schwindelder Höhe! Beispiel: 500gr. Brot, geschnitten, kosten über 3€. Das wäre doch ein Ansatz für die Hersteller, denn viele können sich dies auf die dauer nicht leisten und leben notgedrungen mit den gesundheitlichen Konsequenzen! Was eigentlich schade ist. LG Katja
Ich finde es sehr gut, dass du dich diesem Thema annimmst. Ich verzichte selbst weitgehend auf Gluten, da ich merke, dass es mir ohne einfach besser geht. Wenn ich dann mal nachgebe und ein Stückchen normalen Kuchen esse, merke ich das mehrere Tage danach.
Das Problem ist jedoch, dass viele Menschen denken, glutenfreie Produkte seien “gesünder” als normale Backwaren – was sie keinesfalls sind. Die industriell gefertigten glutenfreien Waren sind zwar eine Hilfe für an Zöliakie erkrankte, bestehen jedoch zu einem großen Teil aus Stärke (gerade glutenfreie Mehlmischungen).
Ich möchte dir trotzdem noch folgenden Link ans Herz legen, der sich mit dem Thema Getreide allgemein beschäftigt: https://www.marksdailyapple.com/why-grains-are-unhealthy
Ist nochmal eine andere Sichtweise und zeigt auf, dass nicht nur das Gluten in Getreide Probleme bereiten kann.
Spannendes Thema auf jeden Fall, ich geh jetzt Kuchen backen :)
Danke für deinen Beitrag: er ist sehr informativ! In Deutschland sind etwa 3 von 1000 Menschen betroffen. Zöliakie könnte sehr gefährlich sein wenn nicht behandelt ist. Aber heute ist die Diagnose einfacher als früher und man kann auch verschiedene glutenfreie Produkte im Supermarkt finden!