Pam und ich sitzen in der Agentur zusammen vor ihrem Rechner und starren angestrengt auf den Bildschirm. Der Kunde hat mannigfaltige Korrekturwünsche für ein Anzeigen-Layout und wir versuchen hartnäckig, diese umzusetzen – und das ganze dabei auch noch gut aussehen zu lassen. Knifflig, aber da geht noch was.
“Was machst Du denn heute Abend?” fragt Pam und vergrößert dabei die Headline auf 31 Punkt. Ich überlege gerade, ob wir den Text nicht vielleicht doch wohltuend kürzen könnten und antworte gedankenverloren: “Ich habe ein Blind Date”. “ACH?” Pam schaut mich intensiv von der Seite an. Ich sehe es in ihrem Blick – sie denkt an den (meinen) Mann und das (mein) Kind. In dem Bedürfnis, jede Fremdgeh-Unterstellung sofort und für immer auszuräumen, erkläre ich ihr spontan: “Mit einer Frau”. Pams Augenbrauen verschwinden unter ihrem Pony. “Ein Blind Date mit einer Frau??” schallt es über die Etage. Oh Mann, denke ich. “Nein, nein, nein – das ist alles ganz anders”, sage ich. Und finde, dass ich mich gerade anhöre wie eine in flagranti ertappte Protagonistin aus einem Hollywoodstreifen. Ich sehe ein, dass ich mal kurz die ganze Story erzählen muss. Sonst kriegen wie die Anzeige nie fertig.
Also: Es geht natürlich ums Kochen. Oder vielmehr um jemanden, die kocht. Um ganz genau zu sein: ich treffe “Elli kocht“.
Ich bin kürzlich bei facebook über Ellis Profil gestolpert. Da hatten eines morgens drei meiner Bekannten “Elli kocht” geliked. Wenn gleich drei Leute etwas gut finden, das mit Kochen zu tun hat, muss man ja mal einen Blick darauf werfen. Das habe ich getan und war – in Neudeutschsprech – derbe geflashed:
Eliane Muller – kurz Elli – hat das getan, wovon wahrscheinlich jede/r Kochbegeisterte heimlich träumt. Nachdem sie sich lange Jahre in Werbeagenturen nach oben gearbeitet hat, hängt sie ihre Karriere kurzerhand an den Nagel und macht ihre “Passion zur Profession”. Elli kocht. Für Leute, mit Leuten und sogar für Magazine.
Ich bin fasziniert! Wie überaus mutig, ambitioniert und spannend! Für mich steht fest, dass ich eine Person, die so einen außergewöhnliches Schritt gewagt hat, unbedingt kennen lernen muss. Ich will wissen, wie das alles passiert ist, wie es ihr dabei ging und geht. Ob sie glücklich mit der Entscheidung ist. Kurzerhand schicke ich eine E-Mail an Elli und bitte um ein Treffen. Schon nach wenigen Stunden habe ich eine Antwort und nach weiteren drei Mails steht das “Blind Date”. Treffpunkt ist die “Nacht der Wunder” in den Deichtorhallen. Dort ist unter anderem die Geruchsbar des Deutschen Museums für Zusatzstoffe (ja genau, das gibt es wirklich) unter den Exponaten – ein perfekter Anlaufpunkt für zwei Kochfans.
Pünktlich um 19:00 Uhr stehe ich an der Kasse und warte auf Elli. Da kommt sie auch schon durch den Eingang geflitzt und sieht haargenau so aus wie auf dem Homepage-Foto. Wir lösen unsere Eintrittskarten und machen uns auf zur Geruchsbar.
Wir schnüffeln an den verschiedenen Dosen, sind zum Teil entsetzt über die intensiv-eckligen Geruchswolken die wir einatmen und können es nicht fassen, dass all diese “Hightech”-Aromen in unserem Essen zu Einsatz kommen. Das soll Pistazie sein? Umnöglich! Und das Edamer? Öffz.
Aber es gibt noch ein Highlight: Elli ist ganz wild darauf, eine der sogenannten “Wunderbeeren” zu probieren. Diese Beeren sollen nach dem Verzehr sauren und scharfen Geschmack in Süß verwandeln. In Amerika sind alle schon total verrückt nach diesem (kaloriensparenden) Effekt. Eine Finte oder ein Marketing-Trick? Wir sind gespannt … probieren todesmutig eines der angebotenen Wunderbeerenbonbons und lutschen tapfer darauf herum. Tatsächlich stellt sich nach einiger Zeit ein süßer Geschmack ein. Wir trinken ein Tröpchen Zitronensaft, der auf einmal von einer sehr dumpfen und starken Süße ist. Alles klar, die Beerenbonbons funktionieren. Jetzt sind wir gespannt, wie lange der Effekt anhält und was sonst noch so mit unseren Zungen und Gaumen passiert.
Wir sehen uns den Rest der Ausstellung an, erleben unter anderem noch den Deutschen Meister der Zaubertricks, finden beeindruckende Installationen und lassen in einer Fotobox unsere Gesichter jeweils auf den Kopf der anderen projizieren. Lustig!
Schließlich schlendern wir dann gemütlich ins Fillet of Soul um dort noch bei einem Gläschen Wein ausgiebig zu quatschen. Der Laden ist brechend voll, aber wir ergattern ein Tischchen direkt am Fenster. Elli kennt den Kellner und die halbe Belegschaft und erzählt, dass sie hier beinahe auch mal ein Praktikum gemacht hätte. Jetzt will ich die ganze Geschichte wissen. Unser Wein kommt (laut Elli nur die zweitbeste Wahl – der beste war leider nicht im freien Ausschank), schmeckt wegen der Bonbons leicht süß aber trotzdem köstlich und Elli erzählt mir von sich.
Sie hat schon immer gern gekocht. Und zwar so gern, dass sie irgendwann einfach aus einer verrückten Laune heraus zum Koch-Casting für “Deutschlands Meisterkoch” von Sat1 gegangen ist. Dort wurden aus 1.400 Bewerbern 100 ausgesucht, die an der Kochshow teilnehmen sollten. Elli war darunter. Sie hat mir ihrer Agentur Kolle Rebbe gesprochen, die wunderbarerweise eingewilligt hat, Elli für die Zeit der Kochshow freizustellen. Schon nach wenigen Folgen stand für Elli fest “Ich gehe nicht wieder zurück – ich will nur noch kochen!” Runde für Runde hat sie sich gegen ihre Mittbewerber durchgesetzt, hat immer wieder aufs neue die Jury (Tim Raue, Nelson Müller und Thomas Jaumann) überzeugt und stand schließlich im Finale der mit 100.000 Euro dotierten Show. Das Geld hat sie dann leider nicht gewonnen. Dafür aber die feste Überzeugung, dass Kochen zukünftig einen sehr wichtigen Platz in ihrem Leben haben würde. Sie möchte mit und für Leute kochen.
Elli geht systematisch vor und macht zunächst Praktika bei großen Catering-Firmen, Kochschulen und Restaurants. Sie spricht einfach die zuständigen Leute an und erhält fast jedesmal eine Zusage, zeitweilig zum Team zu gehören und mitzuarbeiten. Manchmal umsonst, manchmal gegen ein schmales Gehalt. Schließlich stellt sie im Spätsommer einen Businessplan auf und beantragt ein eigenes Gewerbe. Jetzt wird es ernst: Kochen muss jetzt den Lebensunterhalt finanzieren. Elli erzählt mir von den Grundsätzen, die sie sich selbst gesetzt hat, von der Zeitspanne, die sie sich gibt, um ihren Traum in die Realität umszusetzen und auch von ein bißchen Respekt vor der eigenen Entscheidung in dunklen Nächten. Eines ist auf jeden Fall klar: Elli ist keine Träumerin, sie arbeitet hart und zielgerichtet an ihrem Existenzaufbau. Dann erzählt sie mit leuchtenden Augen von dem Kochkurs, den sie vor einigen Tagen für die Führungsriege eines großen Konzerns gegeben hat. 10 Männer und eine Frau. Es ist prima gelaufen, alle hatten viel Spaß und waren begeistert. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Elli auch 20 Geschäftsführer zielsicher durch eine Küche dirigieren kann.
Dann zeigt sie mir auf ihrem iPhone Fotos von einem Projekt, dass sie kürzlich mit einer befreundeten Fotografin realisiert hat. Eine spannende Rezeptstrecke, die prompt von der Frauenzeitschrift Freundin gekauft wurde. Außerdem hat sie an zwei Gerichten aus der letzten Ausgabe der effilee mitgearbeitet. Ich würde sagen, Elli et läuuuuft.
Wenn Ihr noch keine Idee für Eure Firmenweihnachtsfeier habt, Eure Freunde mal mit einem besonderen Kochevent bei Euch zu Hause überraschen wollt, jemanden braucht, der bei einer Famileinfeier für´s leibliche Wohl sorgt oder ein besonderes persönliches Rezept für Euren Hochzeitstag entwickeln lassen wollt, ruft auf jeden Fall Elli an. Sie ist genau die richtige Frau dafür.
Übrigens haben wir den Abend dann noch in der Q-Bar auf dem Kiez mit ein paar Gin Tonic ausklingen lassen. Aber Elli musste wieder früh raus: ein Kochkurs wartete am nächsten Tag.
Elli, danke für den netten und spannenden Abend! Du machst das schon.
Sehr inspirierender Bericht. Wohl jeder der mit Leidenschaft kocht, träumt davon, aus dem Hobby einen Beruf zu machen. Hier setzt jemand mit Tatkraft und viel Arbeit seinen Traum um. Kann es sein, dass Du ähnliche Ziele verfolgst?
Dein Blog ist ja schon der Einstieg.
Viel Erfolg für Elli!!
Ich hab diese Sendung damals verfolgt, weil ein guter Freund ebenso dabei war und habe nicht nur mit ihm, sondern bald auch mit Elli immer mitgefiebert. Betrachte sehr gespannt seitdem ihren Werdegang.
Elli, beeindruckend!
Super, Hut ab vor Elli!
Und eine tolle Idee, sich mal persönlich auszutauschen…
Darauf einen Gin Tonic!
Grüssle
Alex
*hicks* Es gibt ja nichts, was drei Gin-Tonic nicht wieder hinkriegen würden ;-)
Hach – danke für so viel Zuspruch… Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie gut das tut. Balsam für meine geschundene Seele.
Es war ein wirklich schöner Abend, liebe Mel. Lass uns das gern bald wiederholen. Dann aber mit Kochen. Und ohne Interview ;)
Au jaaaaaaaaaaa, Elli ;-)