{13. Dezember 2013} So. Da lag ich heute morgen also in meinem Bett und musste mich erstmal gründlich ärgern. Und zwar über eine Buchbesprechung des Herrn Jürgen Dolasse in der FAZ. Herr Dolasse hat selbstverständlich jedes Recht, eine Meinung zu Dingen zu entwickeln und diese kund zu tun. Aber die total verkrampft wirkende Art und Weise und der überstilisierte, selbstgerechte Tonfall bringen mich persönlich einfach immer wieder direkt auf die Palme – so sieht´s aus. Nein, Herr D. und ich kommen da irgendwie nicht zusammen. In diesem Fall ging es – Ha! – auch noch um die Besprechung des Kochbuchs Deutschland vegetarisch von Stevan Paul. Das machte das ganze noch viel schlimmer, als sowieso schon. So schlimm, dass ich direkt an den Rechner gesprungen bin, um auch meine Meinung zu diesem Buch unter das Volk zu bringen. Denn das sind Deutschland vegetarisch und ich uns schuldig. Warum ich dieses Kochbuch in mein Herz geschlossen habe und Herr D. mit seinem „Nützlichkeitsstern” sich lieber ganz schnell wieder seinen Geschmacksakkorden zuwenden sollte:
1. Das Kochbuch ist herrlich funktionslos
Ich weiß nicht, ob es euch auch so geht – aber ich empfinde, dass kulinarische Themen zunehmend an Funktionen geknüpft werden. Man isst, um dies, das oder jenes zu heben (die Lebensqualität, die Büste, das Geschmacksempfinden), zu senken (den Collesterinspiegel, das Gewicht, das Krebsrisiko) oder auf dem gleichen Niveau zu halten (schon wieder das Gewicht und die Büste sowie die ewige Jugend). Und wenn man nicht an der eigenen Person mit Ernährung herumlaboriert, dann geht es gerade in Titeln zu vegetarischer und veganer Ernährung um die Tiere, den Meeresspiegel, den CO2-Ausstoß oder andere ethisch-moralische funktionale Fragestellungen. Das alles fehlt in Deutschland vegetarisch wohltuend. Es geht einfach nur um köstliches Essen ohne Fleisch, das in Deutschland so oder so ähnlich immer schon oder erst jetzt wieder gekocht wurde und wird. Sehr entspannt.
2. Bodenständigkeit rulez
Bodenständigkeit gefällt mir ja immer meistens sehr. In einen Supermarkt gehen (oder auf den Markt oder dahin, wo es eben Lebensmittel gibt), den Korb mit erschwinglichen Produkten vollpacken und loskochen. Dazu passt Deutschland vegetarisch ganz wundervoll. Es geht auch nicht um möglichst ungewöhnliche und abgedrehte Kreationen oder um porno- architektonische Teller mit 18 verschiedenen Komponenten in verschiedenen Texturen. Nix da. Alles schön nachkochbar, manchmal regional ausgefallen, aber immer ziemlich nah am Normalo-Küchenbenutzer dran.
3. Dieses Buch will nicht missionieren
Tierleid? Rinderlandverschickung durch komplett Europa und noch ein bißchen weiter? Erst halbtote Schweine, die überbrüht werden? Weit gefehlt. In Deutschland vegetarisch geht ist nicht darum, etwas zu unterlassen, um sich nicht an dem System der aktuellen Tierproduktion zu beteiligen. Das Buch zieht seine Motivation nicht aus der Vermeidung von Fleischverzehr, sondern feiert stattdessen normale Gerichte der deutschen Küche, die meist eh traditionell ohne Fleisch gekocht werden. Daher fehlt auch nicht die dritte Komponente auf dem Teller neben Kartoffeln und Gemüse (nur der Rollmops beim Labskaus – und den mochte ja eh noch nie jemand). Im Gegenteil: Man ist ganz überrascht, was sich da an regionaler köstlicher Vielfalt durch die Jahreszeiten auf den Tellern präsentiert. Dass kein Fleisch dazu gehört, ist dabei ungeheuer nebensächlich.
4. Es ist schön schön
Hin und wieder wurden Stimmen laut, dass die Fotoauffassung des Kochbuchs ein wenig – nun ja – altmodisch sei. Ein wenig zu romantisch, ein bißchen zu abgesoftet in den Farben, ein Häuchlein zu verklärt. Was soll ich sagen: Ich mag den Fotostil von Kramp und Göllling. Ich glaube, dass er ganz prima transportiert, wie der Koch und Autor Stevan Paul die Gerichte sieht: unaufgeregt und ordentlich gekocht, mit Liebe angerichtet – aber ohne Brimborium und Effekthascherei.
5. Es ist lecker
Alles, was Stevan Paul kocht ist lecker. Punkt.
Wer also ein entspanntes, leckeres vegetarisches Kochbuch mit ordentlichen Gerichten aus der traditionellen Deutschen Gemüseküche (und ohne Tofu und Ersatzzeug) haben möchte, kauft Deutschland vegetarisch von Stevan Paul. Zum Beispiel direkt über diesen wunderbaren Affiliate-Link.
Deutschland vegetarisch
Stevan Paul (Autor)
Katharina Seiser (Herausgeber)
Brandstätter Verlag
272 Seiten
ISBN-10: 3850337391
ISBN-13: 978-3850337397
34,90 €
Hier findest du übrigens noch weitere leckere Kochbücher.
Das Buch sieht wirklich, wirklich gut aus! Die Fotos finde ich persönlich auch sehr ansprechend. Und auch wenn ich gern experimentiere, grundsätzlich sind mir Rezepte ohne Schnick-Schnack und Ersatzprodukten lieber.
Schade nur, dass es kein veganes Kochbuch ist, sonst hätte ich es sofort bestellt.
Ich blättere es aber mal durch, wenn ich es irgendwo entdecke.
LG Heike
Danke! Eine schöne Rezension, die mir richtig Lust auf das Kochbuch gemacht hat. Ich bin auch diese Diskussionen, in denen Essen auf eine bestimmte Funktion herabgewertet wird, derart leid – als ob z.B. eine Orange nur aus soundsoviel Prozent Vitamin C bestehen würde und nichts anderem. ich schließe mich ebenfalls der Meinung an, dass vegetarisches Essen nicht aus Verzicht, sondern aus Genuss besteht. Überdrehte Rezepte mag ich eh nicht – also wird dieses Buch definitiv irgendwann mal bei mir landen :-)
Genau. So. Isses!
So, un’ nich’ anners.
Schick’ das doch mal denen von der FAZ. Vielleicht hilft’s ja.
Und wenn nich’: auch egal. Oder: wurscht.
Schöne Grüße!
PS: Doch, doch, Rollmops is’ super!
hach, ich liebe dieses Buch und danke dir für die wunderbare Stellungnahme! Das musste einfach mal gesagt werden! :) Liebe Grüße, Theresa
Liebe Mel,
danke!
Herrlich geschrieben und genau unter den Gesichtspunkten beleuchtet, die bei einem vegetarischen Kochbuch in Zeiten von Fleischatlas und erhobenem, veganem Zeigefinger angebracht sind! Danke danke danke, denn dieses Buch verdient sich dank deiner Rezi einen Platz auf meiner Wishlist und dann hoffentlich ganz bald in meiner Küche!
Viele liebe Grüße
Julia
Genau wie ‘Deutschland vegetarisch’ steht auch ‘Österreich vegetarisch’ seit Erscheinen in meinem Bücherregal und ich bin auch nach unendlich vielen daraus gekochten Gerichten immer noch begeistert. Und was Stevan Paul kocht, schmeckt genial. Da gebe ich dir absolut Recht, das musst mal gesagt werden. Wenn er dann auch noch mit Katharina Seiser kocht, umso mehr! Punkt! Ausrufezeichen!
Bin ganz bei dir und wir sind nicht allein:
https://valentinas-kochbuch.de/kochbuch-von-stevan-paul-deutschland-vegetarisch/
Lieben Gruß
Patricia
Also wenn ich Deinen Beitrag so in Ruhe mal lese, klingt es genau nach so einer Art Kochbuch, was ich wirklich “lesen” würde.
Ich stöber öfter in der Buchhandlung in jener Ecke, die solche Bücher feilbietet, aber bei den meisten habe ich nach den ersten beiden Rezepten keine Lust mehr weiterzumachen. Wildeste Experimente mit Zutaten, deren Zutaten ich sehr mühselig an diversen Enden der Stadt zusammenkaufen könnte, handwerkliches herangehen, welches nicht mal in Ruhe nach der Arbeit funktioniert und solch übertrieben abgefahrene Kombinationen, die ich wohl mal ausprobieren würde, wobei ich mich aber im voraus schon fragen würde, ob ich es ein zweites oder drittes Mal essen würde.
So etwas brauche ich alles nicht! Von daher habe ich mich in dem, was Du oben geschildert hast, absolut wiedergefunden. Vielleicht sollte ich mir beim nächsten Gang in die Buchhandlung dieses Exemplar genauer anschauen.
Von daher danke für den guten Tipp und den schönen Artikel :-)
Gruß,
Jens