Challah. Das traditionelle jüdische Zopfbrot zum Shabbat | GourmetGuerilla.de

Challah. Das Rezept für traditionelles jüdisches Zopfbrot zum Shabbat.

In der jüdischen Kultur und Religion hat das geflochtene Brot Challah am Shabbat und an Feiertagen einen ganz wichtigen und festen Platz. Ich kann das aus kulinarischer Sicht sehr gut verstehen, denn Challah ist ein Knaller: Das Zopfbrot sieht nicht nur wahnsinnig appetitlich aus, es ist auch angenehm üppig in der Konsistenz, reichhaltig und saftig wie ein dichter Stuten – und es hält sich mehrere Tage ohne Probleme. Es passt sowohl zu herzhaften als auch süßen Speisen und ist geradezu perfekt für dick belegte Sandwiches. Außerdem ist das jüdische Hefebrot mit seiner kurzen Backzeit wirklich ganz einfach in der Herstellung und auch für Anfänger geeignet. (Wenn ihr hier schon länger mitlest, wisst ihr ja, dass ich und das Backen eigentlich nicht die allerengsten Freunde sind, nech.) Nach Fragen? Ach ja …

Vielleicht sprechen wir noch kurz über die Geschichte des Challah? Die ist nämlich mehrere tausend Jahre alt. In der Thora (und somit natürlich auch im alten Testament) kann man im 4. Buch Mose nachlesen, dass Juden in Israel immer ein Stückchen ihres Brotes für die Priester im Tempel abgeben sollten. Die Priester hatten nämlich keinen eigenen (Land-)Besitz oder einen säkularen Beruf, der sie ernähren konnte und waren somit auf die milden Gaben aus der Bevölkerung angewiesen. Es war eine wichtige Aufgabe der Hausfrau, einen Teil des noch ungebackenen Brotteiges als Essenspende im Tempel abzugeben. Diese Gabe wurde als „Hafraschat Challa“ bezeichnet. Wie viel Teig als Spende vorgesehen war, ist leider nicht überliefert. Vielleicht richtete sich das nach der wirtschaftlichen Situation der einzelnen Familie. Auf jeden Fall hat sich so der Name Challa (auch Challah oder Challe geschrieben) als Name für das Zopfbrot durchgesetzt.

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Als der Tempel dann im Jahre 70 n. Chr. zerstört wurde und die Priester dort nicht mehr ihren religiösen Tätigkeiten nachgehen konnten, wurde die Tradition des Challa trotzdem fortgeführt. Wenn heute zum Shabbat Challah gebacken wird, wird immer noch eine winzigkleine Teigportion – ungefähr von der Größe einer Olive – respektvoll abgetrennt und meist verbrannt. In religiösen oder traditionellen Kreisen nimmt nach wie vor die Frau in der Familie diese wichtige Aufgabe wahr.

Um den jüdischen Feiertag Shabbat zu begehen, kommt traditionell die ganze Familie am Freitagabend bei Einbruch der Dunkelheit zusammen. Es werden Kerzen angezündet, das selbstgebackene Brot wird mit einem Tuch bedeckt und – nach dem Segen über den Wein – ebenfalls mit einem Segensspruch belegt. Dann gibt es ungemein viel Essen. Da passt es sehr gut, dass Challah ohne Milchprodukte auskommt und somit ganz flexi-koscher zu fleischigen oder milchigen Speisen passt.

Als ich in Tel Aviv war, konnte ich bei einem Spaziergang durch den dämmernden Freitagabend viele traditionelle Familien in ihren Häusern sehen, die bei Kerzenlicht zum Shabbat-Mahl zusammengekommen waren. Es ist ein schönes Ritual, sich als Familie zu treffen, Zeit für einander zu nehmen, ganz ohne Fernseher oder andere elektrische Ablenkungen gemeinsam zu essen und den Abend zusammen zu verbringen. Es geht aber auch ohne Familie: Viele jüngere Juden, die von ihrer Familie entfernt leben, möchten dieses wichtige Element ihrer Kultur und Religion trotzdem nicht missen. Sie treffen sich mit Freunden als Ersatzfamilie und begehen zusammen den Shabbat. Und sicherlich wird auch in jüdischen homosexuellen Lebensgemeinschaften ohne Frau sehr gern selbst Challah gebacken. Denn Challah ist für alle da, ne.

Also, viel Spaß beim Backen. Vielleicht ladet ihr zu eurem ersten Challah ja ein paar Freunde ein?

Habt es lecker! 

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Das Rezept für das traditionelle jüdische Zopfbrot Challah

Zutaten für 1 großes Challah-Brot:

250 ml handwarmes Wasser
2 gehäufte TL Trockenhefe
500 g Mehl Typ 550
7 Eigelbe, Größe L
50 g Zucker
2 TL feines Meersalz
90 ml Rapsöl
1 Ei, Größe L
2 EL Sesamsaat
1 EL Mohnsamen

Und so geht´s:

In einer kleinen Schüssel die Trockenhefe mit dem warmen Wasser verrühren. 5 Minuten stehen lassen, bis sich Schaum bildet.

In einer großen Schüssel (oder in der Schüssel einer Küchenmaschine) das Mehl mit Eigelben, Zucker, Salz und dem Öl vermischen. Die Hefe mit dem Wasser zugeben. Ungefähr 2 Minuten verkneten, bis sich die Zutaten zum Teig vermischen und sich dieser von der Schlüsselwand löst.

Die Schüssel mit einem sauberen Geschirrtuch bedecken und an einem warmen Ort ca. 1 – 1,5 Stunden gehen lassen, bis sich das Teigvolumen verdoppelt hat.

Nach dem Gehen den Teig aus der Schüssel nehmen und kräftig kneten, um die Luft wieder aus dem Teig zu drücken. Den Teig in drei gleich große Teile aufteilen. Die Teigportionen auf einem leicht bemehlten Untergrund zu drei gleichlangen Rollen formen. Die drei Teigrollen an einem Ende übereinander legen und zusammendrücken, dann mit den drei Strängen einen Zopf flechten. Die Enden ebenfalls zusammendrücken. (Keine Sorge, wenn das auf Anhieb nicht so perfekt wird! Das Brot wird trotzdem toll schmecken.)

Das Zopfbrot auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech geben und mit einem sauberen Küchentuch bedecken. Weitere 30 Minuten gehen lassen, bis das Volumen sich wieder verdoppelt hat.

Den Ofen auf 175 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen.

Das ganze Ei verquirlen und das fertig gegangene Challah damit großzügig einstreichen. Mit Sesamsaat und Mohnsamen bestreuen.  Im vorgezeigten Ofen bei 174 Grad ca. 20-25 Minuten backen bis das Challah goldbraun ist.

Das Brot aus dem Ofen nehmen und auf einem Kuchengitter ganz abkühlen lassen.

Tipps:
Achtet unbedingt auf den richtigen Mehl-Typ! Das typische Haushaltsmehl Typ 405 eignet sich beispielsweise nicht für das Brotbacken mit Hefe.

Das fertige Challah hält sich wunderbar einige Tage bei Zimmertemperatur in einem luftdicht verschlossenen Beutel oder einer Brotbox.

Und noch ein Tipp:
Eine gute Nachricht für alle, die Weizen in ihrer Ernährung reduzieren: Challah kann auch aus Dinkel, Hafer, Roggen oder Gerste gebacken werden.  Probiert also auch gern andere Mehlsorten – evtl. muss man das Mengenverhältnis dann etwas anpassen.

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