„Eine Mahlzeit ohne ein Glas Wein heißt bei uns Frühstück.” Ha! Was für ein überaus sympathisches Statement, mit dem uns Vijay Sapre im Editorial der aktuellen Ausgabe der Effilee gleich mal sagt, wo der kulinarische Hammer hängt. In Deutschland rutscht man mit derlei Angewohnheiten ja ganz schnell in eine bedenkliche Ecke: „MITTAGS schon ein Glas Wein?” wird man gern von fürsorglichen Menschen in der Umgebung gefragt. Und man sieht den umwölkten oder in zweifelnde Falten gelegten Stirnen deutlich an, dass man sich mit diesem ungebührlichen Verhalten recht zügig auf den Rand der Gesellschaft zubewegt. Zumindest gedanklich. Trinkt sie etwa heimlich? Braucht sie am hellichten Tag schon Alkohol? Müssen wir da mal dringend reden? Vielleicht hat sie ein Problem?
Die Antwort lautet: Nein, wir müssen nicht reden (zumindest nicht darüber). Mir geht es fantastisch! Ich bevorzuge lediglich den französichen Lebensstil. Ich liebe gutes Essen und ich liebe gute Getränke, ich beziehe daraus sehr viel Lebensqualität und Freude. Auch ein schlichteres Essen bekommt durch einen durchschnittlich guten Wein gleich etwas Elegantes und Rundes. Und warum sollte ich mich nicht auch schon in der Mittagspause mit Genüssen verwöhnen, nachdem ich einen halben Tag mit Arbeit verbracht habe und auch noch ein gutes weiteres Stück vom Tag damit verbringen werde? Warum sollte ich mich mit einer süßen Limo als Begleitung quälen, wenn ich es leckerer haben kann? Eben. Man muss es sich schön machen, sobald es geht. Punkt.
Übrigens soll das kein Aufruf an Berufskraftfahrer, Bediener von schweren Maschinen und Schwangere sein, sich Mittags schon ordentlich einen anzutüdeln. Es ist nur der Wunsch, nicht jeden Konsum Genuss von Alkohol als Ausdruck eines tiefsitzenden Problems zu betrachten, sondern auch die genussvollen, unbeschwerten Seiten zuzulassen. Wir verstehen uns, nicht wahr. Drink responsibly. And don´t drink and drive. Aber hab ein schönes Mittagessen.
Eine elegante textliche Überleitung zu der überaus köstlichen Suppe unten im Bild fällt mir dummerweise gerade nicht ein. Probieren wir es stattdessen mit einer Prise Sarkasmus: Wer das Weinstigma in der Öffentlichkeit erst gar nicht aufkommen lassen will, greift zu unauffälligeren Dingen. Wie wäre es beispielsweise mit einem glasklaren Wodka im Süppchen? Zur Tarnung legt man einfach noch ein kleines Spießchen dazu.
Unverschämt. Lecker.
Bloody Mary Cazpacho mit Lamm-Melonen-Spießchen.
Und so geht das Rezept für 4 Personen:
Gazpacho
1 rote Paprika, 1 gepellte rote Zwiebel, 2 Stangen Sellerie, 1/2 Schlangengurke und 2 Tomaten in grobe Stücke schneiden und in den Mixer geben. Salz und schwarzen Pfeffer, 1 Knoblauchzehe, 2 EL roten Weinessig, 3 getrocknete Soft-Tomaten, 1 Stückchen Chilichote, 1–2 EL Agavendicksaft (oder Zucker) und 1 guten Schuss Worcestersauce zugeben und mehrere Minuten mixen, bis ein sehr homogener Gemüsesaft entstanden ist.
Den Gemüsesaft durch ein sehr feines Sieb streichen, um alle festen Bestandteile zu entfernen und eine tolle, samtige Konsistenz zu erhalten. Den Mixer ausspülen und den passierten Gemüsesaft anschliessend wieder einfüllen. Mit dem weichen Inneren von 1 Weizen-Brötchen und 100 ml Olivenöl erneut mixen, bis die Suppe sehr glatt und leicht gebunden ist.
Mit Salz, Pfeffer, Rotweinessig und Tabasco pikant abschmecken. Kalt stellen.
Die Bloody Mary Gazpacho in kleine Gläser gießen und nach Geschmack mit Schnittlauch, grob gestossenem Pfeffer und kleinen Gemüsewürfeln garnieren.
Lamm-Melonen-Spießchen
1 Scheibe Kräuterbutter schmelzen. 1 Scheibe Lammkeule ohne Knochen in 2 EL Olivenöl und der flüssigen Kräuterbutter marinieren. In der Zwischenzeit 1 Scheibe Wassermelone in Würfel von ungefähr 1 cm Kantenlänge schneiden und in 4cl Wodka einlegen. Eine Pfanne oder einen Tischgrill aufheizen und das abgetropfte Lammfleisch scharf von beiden Seiten 4 Minuten braten. Wenn das Fleisch Farbe genommen hat, in ein Stück Alufolie einwickeln und kurz ruhen lassen.
Die Melonenwürfel aus dem Wodka nehmen und kurz auf Küchenkrepp abtropfen lassen. Das Lammfleisch salzen, pfeffern und in Würfel von 1 cm Kantenlänge schneiden. Die Melonen- und Lammwürfel abwechselnd auf kleine Spieße stecken, mit Salz und Pfeffer würzen und sofort mit der Bloody Mary Gazpacho anrichten.
Mit 4 Pimpetten etwas von der Melonen-Wodka-Marinade aufnehmen und zum Selberdrüberträufeln zur Gazpacho servieren. Alternativ 1 EL des Wodkas oben auf jede Suppe geben.
GourmetGuerilla – Bloody Mary Gazpacho mit Lamm-Melonen-Spießchen
Sehr lustig geschrieben, Mel! Ich stimme Dir zu!
Liebe Grüße
Susanne
Wow, sind das tolle Bilder und sieht das lecker aus!! Yummie!
Liebe Grüsse aus Zürich
Masha
Warum ich ausgerechnet diesen Artikel als aller ersten wählte zu lesen, weiß ich auch nicht. Aber es war der richtige Einstieg! Was die Lebensart der Franzosen betrifft, kann ich Dir nur zustimmen. Und das Rezept? Der Hammer! Happy Wednesday!