Das ist mir jetzt etwas unangenehm, aber manchmal muss man einfach zu den Dingen stehen. Immerhin sind wir hier ja quasi unter uns und ihr werdet es bestimmt nicht weitersagen, gell? Denn bei dem Thema „Heute esse ich mal nur blau” dachte ich zuerst an – na?! – genau: Flüssigkeiten. Und zwar an ganz bestimmte trinkbare Flüssigkeiten vor dem Essen.
Elisabeth Raether findet in einer Ausgabe ihrer amüsanten, von mir sehr geschätzten Kolumne „Die trinkende Frau” eine erfreulich plakative Definition für diese Art von Getränken: „Alkohol auf nüchternen Magen zu trinken und nachzuspüren, wie das Gift langsam die Nerven entspannt – das nennt man in mediterranen Ländern Aperitif.” Das ganze ist natürlich mit einem herrlich ironischen Unterton zu verstehen. Legt aber auch gleichzeitig den Finger auf einen interessanten Punkt bei den deutschen Trinkgewohnheiten: Wir stehen dem Aperitif erstaunlich gleichgültig gegenüber. Während in südlichen Ländern das geistige Getränk vor dem Essen grundsätzlich seine appetitanregende und entspannende Wirkung entfalten darf, bleiben wir Deutschen da eher ablehnend. Zu viel Alkohol ist nicht gut – keine Frage. Und so richtig angeschickert entwickelt man plötzlich seltsam-primitive Ansprüche an sein Essen. Das kann ja auch keiner wollen. Aber hin und wieder ein klitzekleines bisschen Alkohol von hoher Güte vor dem Essen …Um das Leben, das Universum und den ganzen Rest zu feiern? Oder so ähnlich. Der Gedanke ist zumindest erwägenswert, nicht wahr?
Erwägenswert ist übrigens auch die Fragestellung – und wer hätte nicht auch schon einmal spontan darüber nachgedacht – warum die Farbe Blau bei Lebensmitteln so unheimlich selten vorkommt. Stellen wir uns kurz vor, wir säßen als Kandidat in einer dieser TV-Quizsendungen. Wir haben uns bisher tapfer geschlagen und stehen unmittelbar vor der 500.000 Euro-Runde. Und dann kommt sie, die fürchterlichste aller Frage: Nennen Sie mir sechs blaue Nahrungsmittel. Wir haben 60 Sekunden Zeit – die Uhr tickt. Ähm, Blaubeeren … öhm …blaue Trauben. Tick, tick tick. Feigen?! … Jetzt ahnen wir, dass die Luft dünn wird. Wie überlegen fieberhaft. Forelle blau? Die Augenbrauen des Moderators schießen missbilligend in die Höhe. Wir schwitzen …verflixt … Quäääääk. Die Zeit ist um. Tja.
Warum nur hat uns die Natur so spärlich mit blauen Gaben gesegnet? Es mag daran liegen, dass Pflanzen und Tiere ihre Farben hauptsächlich zweckgebunden entwickelt haben. Und Blau scheint eine bemerkenswert unattraktive Farbe zu sein, wenn man gefressen, nicht gefressen, begattet, verteidigt werden oder getarnt sein will. Rot, Gelb, Grün und Orange – geradezu inflationär hat die Natur hier in die essbaren Farbtöpfe gegriffen. Aber Blau – nope.
Einen ganzen Tag lang drei Mahlzeiten nur mit Blau zu bestreiten, fällt daher berechtigter Weise eher schwer. Allerdings sollte man auch nicht komplett auf die raren blauen Exemplare verzichten. Denn der für die Färbung zuständige natürliche Farbstoff Anthocyane (bitte unbedingt für Günther Jauch merken!) ist ein Anzeichen für sekundäre Pflanzenstoffe, die für den menschlichen Organismus extrem gesund sind. Außerdem soll die blaue Farbe auch appetitzügelnde Eigenschaften aufweisen – sehen wir Blau, essen wir weniger. Und wenn das Essen an sich schon nicht häufig die tolle Farbe hat, können wir zumindest das Esszimmer blau streichen und blaues Geschirr anschaffen. Dann lässt sich auch mit Fug und Recht behaupten: Heute esse ich nur in und auf Blau.
In diesem Sinne: Cheers und guten Appetit!
Die Challenge „Bleib hungrig auf Neues”
Jede Woche bekomme ich einen einzelnen Satz, der sich in allen möglichen und unmöglichen Facetten um das Thema Essen und Genuss dreht.
Jede Woche schreibe ich zu diesem Satz einen Artikel für die Inspirationsseite „Bleib hungrig auf Neues” – ohne Vorgaben und Einschränkungen. Alles ist erlaubt, nichts verboten. Ausgewählte Artikel erscheinen auch auf GourmetGuerilla.
Liebe Mel,
auch mir fiel zu “blau” spontan auch nur ein Getränk ein. Und selbst das ist nur indirekt blau. Bombay Sapphire ….
Falls Dir die Blaubeeren zu eintönig werden könnte ich noch Haribo Schlümpfe empfehlen.
Liebe Grüsse, Maren
Wie wär’s mit blauen Kartoffeln, kandierten Veilchenblüten und Lavendel?