Die nette Mama einer lieben Freundin ist (lang ersehnt) endlich nach Hamburg gezogen und hat, wie der Zufall so spielt, zunächst einmal in Blankenese Wohnung genommen. So kommt es, dass es mich in den letzten Wochen auch hin und wieder dorthin verschlagen hat. Wie zum Beispiel letzten Freitag. Wir wollten eigentlich nur kurz das Auto bei Mama abliefern und dann schnell wieder mit den Öffis ins heimatliche Viertel zurück huschen. Daraus wurde dann ein 3-stündiger Bummel durch Blankenese inklusive Treppenviertel. Das Wetter war grau, feucht und windig – richtiges Hamburger Schietwetter mit dem unvergleichlichen horizontalen Nieselregen. Daher waren auch nur wenig Leute unterwegs. Und gerade das hatte ganz besonderen Charme. Als Hamburger Innenstadtpflanze kann man sich vor Menschen meistens nicht retten. Überall sind Menschen, immer, zu jeder Tageszeit – laut und viel. Wie großartig, den weiten grauen Himmel mit Möwen über dem bewegten breiten Fluss zu sehen, durch Sträßchen mit alten Lotsenhäuschen und besseren Villen zu bummeln und ab und zu ein Containerschiff vorüberziehen zu sehnen – natürlich mit dunkel tutendem Schiffshorn. Der Wind bläst scharf um die Nase, die Frisur durcheinander und scheucht den Stress einfach weg. Ein Mini-Urlaub im Vorort.
Irgendwann haben wir dann Hunger bekommen (die Elbe bringt Seeluft mit, ne) und meine Freundin hat mich zielstrebig zu einem klitzekleinen Häuschen gelotst. Unten in bestem spanischen Terracotta gestrichen und oben mit weißer Holzverschalung, direkt gegenüber dem winzigen Dorfkino und einem Wäscheladen gelegen: Die Tapasbar Filón.
Wir waren aufgrund des Wetters und der Tageszeit die einzigen Gäste (heißa!). Nach kurzem Ringen ob “drinnen oder draußen” haben wir uns dann für einen Tisch drinnen direkt am Fenster entschieden. Wir sind hart im Nehmen – aber feuchtes Essen geht dann doch zu weit. In lauen Nächten muss es aber ungemein lauschig sein, spanisches Weinchen im Kerzenschein unter den alten Bäumen zu süffeln.
Die Karte wechselt jeden Tag, denn im Filón werden die Tapas morgens frisch in der Miniküche zubereitet. Kein Convenience – alles homemade Zeug. Wir haben uns für die gemischten Tapas für 2 Personen entschieden. Dazu wurde uns der rote Hauswein empfohlen. Ich habe noch ein bißchen durch die Karte gestöbert, denn mir war nach diesem besonderen Nachmittag irgendwie nach mehr als nur einem trockenen, roten Gebrauchswein. Die Bedienung war aber so überzeugt von der Qualität der Hausabfüllung, dass wir zwei Gläser davon geordert haben. Positive Überraschung! Der Hauswein (mit Hausetikett) bietet eine Menge Körper und mehrschichtigen Geschmack zum absolut günstigen Preis. Ein toller Start.
Nettes Detail: Auf jedem Tisch findet sich ein Gläschen mit einer speziellen Kräuter-Salzischung zu Verkostung. Die Gläschen kann man natürlich auch vor Ort kaufen.
Während wir auf unsere Tapas-Auswahl warteten und den Ausblick auf die leere Dorfstraße genossen, konnte man dann doch ab und zu feststellen, dass wir in Blankenese waren. Da war zum Beispiel das in Burberry gekleidete Pärchen in den späten gutaussehenden 50ern, das sich vor der Vitrine mit den Tapas einfand. Man interessierte sich sehr für das Catering (also die Nach-Hause-Lieferung von Speisen für festliche Anlässe). Dabei stand ganz besonders die Farbe des Geschirrs im Vordergrund. Wann würde doch wohl hoffentlich auf weißen Porzellan-Platten liefern?! Ach, in braunen Tonschüsseln. Hm. Naja, dann müsse man eben umfüllen.
Und dann kamen unsere Tapas. Acht kleine braune Tontöpfchen mit verschiedenen Köstlichkeiten: in Chili eingelegte Sardellen, Maurische Möhrchen, Rote Beete mit Apfel, marinierte Palmherzen, mit Schafskäse und Kartoffel gefüllte Pepperoni, pikante weiße Bohnen, Lamm-Ragóu mit Aprikosen und Hähnchen in Limonen-Sahne-Soße. Dazu gutes, frisches Brot.
Ich war sehr begeistert von der Qualität der kleinen Gerichte. Alle hatten eine besondere Note und waren in sich sehr fein abgestimmt. Das Wort “Bauernküche” kommt einem dabei überhaupt nicht in den Sinn. Da war nichts Derbes, sondern nur qualitativ hochwertige Zutaten, die handwerklich gekonnt und mit Passion zubereitet waren.
Das Filón bietet auch Sonderveranstaltungen mit kulturellem Wehrwert an. Einfach anrufen, informieren lassen und Tische reservieren:
Filón
Am Kiekeberg 1a
22587 Hamburg
Telefon:
040 866 46 746
https://www.tapasfilon.de
Öffnungszeiten:
Mo-Fr 12 – 24 Uhr
Sa 11 – 24 Uhr
So 14 – 23 Uhr
Oh ja das kenn ich – sehr lecker!!!
Und man darf auch Getränke von dort mit nach gegenüber ins Kino nehmen.
Ohhhh, Getränke mit ins Kino nehmen – das finde ich ja ganz großartig! Danke für den Tipp ;-) Dann gibt´s zum nächsten Film leckeren spanischen Rotwein.
Der Facebook Gefaellt mir Button wuerde sich gut auf der Seite machen, oder ist er mir entgangen?
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Ach ist das gerade herrlich. Ich habe gerade irgendwie mal Ruhe und ich lese mich ganz gemütlich durch deinen Blog. Die Restaurantvorstellungen sind toll. Ich wohne zwar auch in HH, aber einiges davon kannte ich noch nicht. Immer wieder schön, Tipps zu bekommen. Oft geht es uns an (kinderfreien) Abenden so, dass wir zwar ausgehen wollen, dann aber irgendwie so risikoängstlich werden und immer in den selben Läden landen. Die goldene Gans kenne ich z.B. nur vom Hören, weil ich einen Teil meiner Studienzeit kellnernd im Abaton verbracht habe – das sind die selben Besitzer :-)
Diese Tapasbar klingt total urig :-)
LG Marsha