„Mensch, schön, dass Du da bist!” ruft der große Mann mit der Kurzhaarfrisur und kommt mit erhobenen Armen auf mich zugestürmt. Ich kann gerade noch registrieren, dass es sich dabei um den Medienpräsenz-Koch Alexander Herrmann handelt – dann verschwinde ich in seiner Umarmung. Reflexartig erwidere ich das herzliche Drücken. „Ähh jaaa, ich freue mich auch, dass ich da bin”, murmele ich verdattert in seine Schulter und erspähe aus den Augenwinkeln fünf amüsierte Gesichter. „Na dann komm mal gleich hier nach vorne mit zum Tresen, ich zeige euch jetzt nämlich wie man ein Fleisch perfekt brät”, sagt der Alexander aufgeräumt, während er mich aus der Umhüllung seiner grauen Kochjacke entlässt.
Wir sind in der StarKüche in Hamburg Bahrenfeld. Das Konsulat von Kanada hat zum Kochabend eingeladen, für den Alexander Herrmann ein spezielles Menü aus – na klar – kanadischen Produkten und Weinen kreiert hat. Da bekomme ich auch schon ein Glas Weißwein gereicht und fühle mich schlagartig wohl – wie immer, wenn ein Herd oder eine Küche oder ein Glas Weißwein in meiner Nähe sind. Ich bin ganz erstaunt, mich in der gemütlichen, mietbaren Show-Küche in einem recht kleinen Kreis von Gästen wiederzufinden: Frank Niggemeier, der Chefredakteur von der Hamburger Morgenpost, Bruntje Thielke, Redaktionsleitung von eat smarter, Bianca von elbcuisine, die Handelsbeauftragte der Kanadischen Botschaft und natürlich der Botschafter selbst stehen vorm Tresen und gucken beim Kochen zu. Betreut werden wir von der sehr sympathischen Dijana von Ogilvy. Very intim, das ganze.
Während ich am Glas nippe, angelt Alexander Herrmann nach einer Pfanne und greift zur Olivenölflasche. Er erklärt, dass – entgegen der meisten Tipps – Olivenöl ganz wunderbar für das Braten von Fleisch geeignet ist. Oft wird Fleisch nämlich viel zu heiß in Butterschmalz und Co. angebraten; es raucht und spritzt und stinkt und das Fleisch ist außen schon dunkelbraun, während es innen noch zu roh ist. Außerdem zerstört das sehr heiße Anbraten das Eiweiß und entzieht dem Fleisch Wasser – es wird dröge und zäh. Die Brattemperatur von 130°C ist dagegen optimal für um ein wunderbar saftiges, perfekt gegartes Steak. Wenn das Olivenöl anfängt, ganz ganz leicht zu rauchen, wird das Steak in die Pfanne eingelegt. Da brutzelt es sanft und leise vor sich hin. Von allen Seiten angebraten, kommt es dann bei 100°C für 20–30 Minuten in den Ofen. Kurz vor dem Servieren schäumt Alexander ein gutes Stück Butter in einer Pfanne auf, aromatisiert mit Zimt und frischer Orangenschale und lässt das Steak für 2–3 Minuten in der Pfanne ziehen. Er übergießt das Fleisch regelmäßig mit der brutzelnden Butter. Dann wird es aufgeschnitten. Es duftet göttlich.
Das Ergebnis haben wir wenige Minuten später auf dem Teller: Wunderbar gebratenes kanadisches Bisonfilet, überaus zart und mit einer spannenden Note von Zimt und Orange. Der Linsensalat und das Cranberry-Senf-Chutney passen umwerfend dazu.
Ich schwelge in dem perfekten Fleisch und unterhalte mich dabei ganz großartig mit meiner Tischnachbarin über die Kreisstadt im Ruhrgebiet, in der wir zufällig beide aufgewachsen sind. Und über Kanada.
Ich stelle dabei fest, dass mein Grundwissen über das zweitgrößte Land der Erde erschreckend begrenzt ist. Dass 70% der weltweit genutzten Senfsaaten aus Kanada stammen war mir ebenso neu wie die Tatsache, dass auch Kichererbsen, Linsen und andere Schalenfrüchte zu den Exportschlagern zählen. Außerdem kultiviert Kanada die Bisonherden, die schon kurz vor dem Aussterben standen. Dass das Fleisch sehr fettarm und wohlschmeckend ist, macht es ebenso attraktiv wie die Tatsache, dass die Herden auf riesigen Flächen frei grasen. Ahornsirup und Cranberries hätte ich gerade noch als typisch kanadisch aufzählen können. Aber spätestens bei Weinen wäre ich skeptisch gewesen – völlig zu unrecht. Besonders entzückend ist der rote Eiswein, der zu seinem ganz besonders spannenden Geschmack nach Früchten und Nüssen eine funkelnde, bernsteinfarbene Farbe mitbringt. Zum Dessert ein Knaller.
Bevor wir aber tatsächlich zum Dessert schreiten, kann ich noch schnell die mit Chili und Arhornsirup glasierten Jakobsmuscheln an Kichererbsensalat probieren. Obwohl ich kein Fan von Schalentieren und Meeresfrüchten bin, schmecken mir die Jakobsmuscheln richtig gut. Kein Spur von Meeres- oder Fischgeschmack – dafür ein ganz leichtes rauchiges Aroma. Non, nom. Die Kicherererbsen sind gar, aber noch ganz definiert und bissfest. irgendwie lohnt es sich wohl doch, die Dinger nicht immer nur fertig gekocht in Dosen zu kaufen … *Gedankennotiz*.
Der Chef steht auf Selbstportraits und schnappt sich zwischen den Gängen meine Kamera. Beim dritten Bild sind wir beide einigermaßen scharf getroffen. Was das allerdings unter meinem rechten Auge ist … ich lehne entschieden ab, dass es sich um beginnende Zeichen der Hautalterung handeln könnte.
Dann versammeln wir uns wieder um den Tresen und Alexander Herrmann angelt nach der nächsten Pfanne. Er erhitzt Wasser und gibt Puderzucker hinein – für das Dessert wollen wir Walnüsse mit weißem Karamell überziehen.
Als Wasser und Puderzucker zu einem Sirup gekocht sind, kommen die Walnüsse in die Pfanne. Dann heißt es rühren, rühren, rühren … und launige Guerilla-Tipps gibt´s noch obendrauf (ja, und beim nächsten Mal denke ich garantiert auch daran, NICHT hochkant zu filmen):
Noch ein bißchen ausdekorieren …
So sieht das fertige Dessert aus: Ice Cider Sabayon mit karamellisierten Walnüssen und Sirupbeeren. Hach!
Hier kommt der Rezept für
Geeiste Ice Cider Sabayon mit karamellisierten Walnüssen und Sirupbeeren
Zutaten für 2 Personen:
2 EL Puderzucker
10–16 Walnusskerne
100 g Sahne
4 Eigelb
40 g Zucker
100 ml kanadischer Ice
Cider / Eiswein
1 Vanilleschote
versch. Sommerbeeren, je nach Verfügbarkeit
kanadische Blaubeeren
100 ml kanadischer Ahornsirup
1 Prise gemahlener Zimt
Den Puderzucker in einen kleinen Topf geben, 50 ml Wasser hinzugeben und das Ganze einmal aufkochen lassen. Jetzt die Walnusskerne hineingeben und unter stetigem Rühren das Wasser so weit einkochen lassen, bis es vollkommen verdampft ist, d. h., bis die Walnusskerne mit dem Puderzucker umzogen sind. Anschließend sofort auf ein Blech geben und bei Zimmertemperatur 30 Minuten abkühlen lassen. Anschließend die Walnusskerne mit einem Messer in grobe Stücke schneiden. Für die geeiste Sabayon die Sahne cremig steif schlagen. Eigelb, Zucker, Ice Cider und das Mark der Vanilleschote in eine kleine Schlagschüssel geben. Über dem Wasserbad mithilfe eines Schneebesens kräftig schaumig aufschlagen. Anschließend die schaumige Sabayon vom Dampf nehmen und so lange weiterschlagen, bis sie sich auf Zimmertemperatur abgekühlt hat. Nun vorsichtig die cremig geschlagene Sahne unterheben.
Zwei flache Schalen oder dekorative Gläser nehmen und die Sabayon hineingeben. Anschließend die gehackten Walnusskerne darüberstreuen und im Tiefkühlfach mindestens 3 Stunden durchfrosten. Verschiedene Beeren putzen, ggf. das Grün entfernen und die Beeren vierteln (z. B. Erdbeeren). Die Beeren mit dem Ahornsirup und dem Zimt in einer Schüssel vermischen. Die Schüssel mit Klarsichtfolie abdecken und die Beeren mindestens 2 Stunden im Kühlschrank ziehen bzw. marinieren lassen.
Zum Servieren die geeisten Schalen bzw. Gläser aus dem Tiefkühlfach nehmen und die marinierten Beeren samt Ahornsirupflüssigkeit daraufgeben. Sofort servieren und genießen.
Weitere Informationen zu Produkten aus Kanada und viele leckere Rezepte gibt es übrigens auf so-schmeckt-kanada.de
Es war ein ganz entzückender Abend! Ich habe Kanada in einem für mich ganz neuen kulinarischen Licht kennengelernt, zum ersten Mal Bison gegessen, roten Eiswein getrunken und mit sehr netten Diplomaten geplaudert.
Vielen Dank an die Botschaft von Kanada für die Einladung, Alexander Herrmann für seine Entertainer-Qualitäten und Tipps, Ogilvy für die tolle Organisation und die StarKüche für das Hosting. Ich könnte schon wieder.
Meine Güte, so ein Charmeur! Und kochen kann er auch noch. Wahnsinn. Den Tipp mit den Walnüssen, werde ich bestimmt mal ausprobieren!
Lana
Was für ein bezaubernder Beitrag, ich könnte stundenlang weiterlesen … Wann erscheint das Buch dazu?
Ich bin entzückt!!!
ich würd mich beim nächsten mal als Begleitung anbieten und denke gerade die ganze zeit drüber nach ob ich orginal kanadische Walnüsse habe.. mit den anderen gehts ja nciht.. aber natürlich ohne Löffel in der beschichtetetn Pfanne ;-)
Mel – grossartig…. und der Datscher unterm Auge.. das war nur ein Pixelfehler auf dem Chip!!