Foodwatch berichtet in seiner Kampagne Abgespeist über einen neuen traurigen Fall von Konsumententäuschung. Und diesmal sind schon die Allerkleinsten betroffen:
HIPP bietet Granulat-Teegetränke mit den Hauptzutaten Zucker, Traubenzucker, Zitronensäure und Aroma als „erfrischende und aromatische Durstlöscher” für Babies und Kleinkinder ab dem 12. Monat an. Wollt Ihr Euch auch beschweren? Mitmachen und hier klicken.
Mein Brief an HIPP:
Sehr geehrte Damen und Herren,
in den Medien habe ich die Diskussion über Ihre zuckerhaltigen Teegetränke für Kinder ab dem 12. Monat verfolgt.
Ich bin persönlich sehr enttäuscht, dass die Marke HIPP überhaupt noch derartige „Getränke” anbietet. In den TV-Spots und der Kommunikation Ihres Unternehmens wird ganz bewusst das Bild erweckt, HIPP würde ausschließlich Bio-Produkte bei der Herstellung von Babynahrung verwenden und sich darüber hinaus grundsätzlich einer verantwortungsvollen Ernährungsweise verpflichtet fühlen.
Sicherlich besteht bei vielen Eltern aus der eigenen Prägung heraus immernoch der seltsame Anspruch, ihren Kindern ein anderes Getränk als Wasser anzubieten – etwas mit Geschmack. Daher können Sie in der Produktgruppe Granulat-Tees wahrscheinlich einen soliden Umsatz erwarten.
Unter dem Aspekt einer verantwortungsvollen Ernährungsweise und einer geschmacklichen frühen Prägung der Kinder sind diese Tees in meinen Augen allerdings einfach unverantwortlich. Sie enthalten Zucker, Citronensäure und Aromastoffe als Hauptzutaten. Die Babies und Kleinkinder erfahren also noch bevor Sie eine echte Erdbeere oder Waldfrucht gegessen haben, wie eine industriell hergestellte Aromakomposition Marke „Waldfrucht” schmeckt. Dass in Ihrem Produkt zusätzlich eine Prise Trockenpulver verschiedener Früchte enthalten ist, tröstet darüber leider auch nicht hinweg. Die Hauptzutaten bleiben Industrie-Zucker und Traubenzucker. Weiterhin gibt es deutliche Anzeichen, dass die in Ihrem Produkt enthaltene Citronensäure dem Zahnschmelz selbst bei Erwachsenen sehr stark angreift.
Sie bewerben dieses Produkt auf der Packung unter anderem damit, dass der Tee „bereits fertig gesüßt” ist. Mit diesem vermeintlichen (!) Produktvorteil suggerieren Sie Eltern obendrein, dass Getränke und Tees für Kinder gesüßt sein müssen, um zu schmecken. Ihr Erfahrung zeige außerdem, dass die meisten Haushalte ja sowieso Tees und Getränke für Kinder nachsüßen würden. Ich hoffe, Sie besitzen in diesem Zusammenhang auch die wertvolle Erfahrung, dass Eltern diese Tees sehr häufig den Kindern zum Dauernuckeln im Fläschchen anbieten. Dieses führt zu einer dauerhaften Zahnschädigung. Da hilft es leider auch nicht, dass Sie auf der Packung empfehlen, den Tee nur in kleinen Mengen und in Tassen auszuschenken – aber bitte zu jeder Mahlzeit und für die ganze Familie.
Ich möchte Sie daher dringend auffordern, Ihrem Markenversprechen gerecht zu werden, diese Produktsparte aus Ihrem Sortiment zu streichen oder aber zumindest die Rezeptur auf ungesüßte, rein von den auf der Packung angegeben Früchten stammende Zutaten umzustellen.
Sollten Sie weiterhin an derartigen Produktgruppen festhalten, erschüttern Sie nicht nur die Glaubwürdigkeit Ihrer Marke nachhaltig. Sie tragen auch dazu bei, dass Babies und Kleinkinder früh auf industriell hergestellte und gesüßte Getränke und Nahrungsmittel konditioniert werden.
Tragen Sie stattdessen bitte dazu bei, Eltern einen zeitgemäßen, verantwortungsvollen Umgang mit Nahrungsmitteln zu vermitteln und suggerieren Sie nicht weiter, dass Getränkepulver mit hohem Zuckeranteil ein idealer, praktischer Ersatz für Wasser oder gar „Durstlöscher” sind.
Ich danke Ihnen herzlich.
Mit freundlichen Grüßen
Mel. Buml
Ein Thema, das generell viel zu wenig behandelt wird.
Eine Riesenindustrie, nur auf Babies ausgerichtet.
Es wird gepampert, gepudert, gecremt, Kunstmilch verabreicht und Fertignahrung. Und das vom ersten Tag an.
Nichts davon wäre nötig.
Heike – und ich dachte, da wären wir seit den 80ern irgendwie raus. Die Idee, dass industriell gefertigte Nahrung besonders modern, hochwertig und gut ist, gehört doch nicht in dieses Jahrtausend. ;-) Aber es gibt immer noch den Stacciatella-Abendbrei mit Schokosplittern für Babies ab 6 Monaten im Supermarktregal. Ach, ach.
Da wird die Ahnungslosigkeit und/oder Faulheit junger Mütter schonungslos ausgenutzt. Ich kauf meiner “kleinen” hin und wieder ein Gläschen Fruchtbrei, findet sie cool. Drum weiss ich, was da bis heut in den Regalen alles rumsteht.
In Afrika erklären sie den Frauen, dass ihre Kinder gesünder werden, wenn sie sie nicht stillen, sondern mit Ernährungsindustrie-Produkten füttern. Und das, wo sie dort für soetwas bestimmt kein Geld übrig haben – aber an die Mutterliebe zu appelieren funktioniert. Perfide!
Wir hatten eine Hauswirtschaftslehrerin als Feriengast, DIE hat Knaller erzählt. Unter anderem, das eine Mutter ihr erklärt hat, dass sie Milchschnitte für gesund halte. Da wäre schließlich eine extra Portion Milch drinne. Nee, schlimme Sache, das. Da prangerst du zurecht an!
Hallo Micha, die meisten Schwellenländer machen derzeit genau die Phänomene durch, die die Industrienationen aus den 70ern kennen: Ein eigenes Auto ist DAS Statussymbol – dafür verschuldet man sich hoch. Selber kochen ist out, Fertignahrung gilt als modern und erstrebenswert. In den 70ern galt Stillen bei Müttern in Deutschland auch häufig als eher rückständig und aufgrund der Umweltbelastung als zunehmend schädlich für das Baby. Das überaus Perfide an der Michpulver-Strategie der Großkonzerne in den heutigen Schwellenländern ist, dass sie die Hebammen dafür bezahlen, die jungen Mütter auf Milchpulver zu brainwashen. Direkt nach der Geburt wird kostenloses Milchpulver aus der Flasche gefüttert, der Milchfluss bei der Mutter wird somit erst gar nicht angeregt. Die Mutter hat also keine andere Chance mehr, als Milchpulver zu kaufen, wenn ihr Baby nicht verhungern soll. Das Milchpulver ist nicht nur teuer und für die meisten Menschen dort auf Dauer nur schwer erschwinglich – meistens ist die Wasserqualität in diesen Ländern auch so schlecht, dass die Säuglinge aufgrund des mit kontaminiertem Wasser angerührten Milchpulvers unter schweren Erkrankungen leiden. Die Großkonzerne wissen das natürlich genau, führen diese Strategie aber aufgrund der riesigen Umsatzpotenziale gnadenlos weiter. Es ist zum Verzweifeln …
Ich hoffe euch ist bewusst das das empfehlen von Fertigprodukten in Schwellen- und 3. Welt Ländern – besonders Fertigmilch statt Muttermilch, durchaus auch andere Gründe hat – HI-Viren finden es in der Muttermilch besonders kuschelig, und eine Hiv-Kur ist deutlich teurer als Milchpulver. Natürlich ist kontaminiertes Wasser ein Problem, aber in dem Fall wohl das kleinere Übel (im vergleich zu einer lebenslang unheilbaren Krankheit)
Generell stimme ich euch aber zu, wobei in meinen Augen das ein oder andere Ergänzungsprodukt durchaus okay ist. Es muss sich eben alles in einem gewissen Rahmen befinden.
Hallo kahlcke, das ist ein interessanter Aspekt. Tatsächlich können die HIV-Viren über die Muttermilch übertragen werden. Das Risiko kann allerdings durch eine einwöchige Kur vor und nach der Geburt minimiert werden. Da bleibt die Frage, wer die Kosten für die kurzfristige Kur oder die langfristige Gabe von Milchpulver mit häufig fragwürdigem Trinkwasser sowie Folgeerkrankungen finanzieren muss. Weiterhin besagen Studien, dass bereits im Mutterleib infizierte Säuglinge durch das Stillen mit Muttermilch länger überlebten als die Gruppe, die Milchpulver bekommen hat. Schwierige Kosten-Nutzen-Rechnung, oder? Viele Grüße, Mel.
bei dem thema wer ich regelmäßig zur furie… hab aber endlich (!) ein wunderbares buch gefunden, was ich sehr empfehlen kann:
https://www.amazon.de/Stillen-Schlemmen-Auflage-Geheimnisse-leckere/dp/3902729678/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1336977514&sr=8-1
von dieser kompetenten frau, wird es bald auch eine neuerscheinung geben…