Ohne einen gewissen Kochabend bei meinem Englisch- und Philosophielehrer Reinhold Hülsewiesche hätte ich vermutlich noch ewig auf der Pasta-Level II* gedümpelt. Das ganze ist jetzt schon ein bißchen her – genauer gesagt … etwas länger … ähhh … öffzzz … 20 Jahre. Unglaublich! Dabei kann ich mich noch so gut an diesen Koch-Abend bei Reinhold erinnern. So ist das halt, wenn es plötzlich BÖNG! macht und im Kopf (oder in diesem Fall im Geschmackszentrum) ein ganzer Kronleuchter angeht.
*Pasta-Level kennzeichnen übrigens eindeutig, wie weit man in der Zubereitung einer wirklich leckeren Pasta fortgeschritten ist. Hier ein kleiner Überblick:
Pasta-Level 0: Spagehtti in Tomatensoße aus der Dose
Pasta-Level I: Spaghetti mit einer Tomatensoße aus der Packung
Pasta-Level II: Spagehtti mit einer guten Fertigsoße aus dem Glas
Pasta-Level III: Spaghetti mit selbstgemachter Soße
Pasta-Level IV: Selbstgemachte Pasta mit selbstgemachter Soße
Der besondere Charme von Fertig-Ravioli aus der Dose ist – vor allem bei einem ausgewachsenen Kater – nicht ganz von der Hand zu weisen. Das gilt allerdings nicht für Spaghetti in Tomatensoße aus der Dose. Ich kann das beurteilen, denn meine Mutter war ein großer Fan dieses Fertiggerichts. Man darf das jetzt nicht falsch verstehen. In den 80ern gab es drei „Lager” bei der Bereitstellung oder Zubereitung von Nahrung:
1. Die Konventionellen, die eher klassiche deutsche Gerichte auf herkömmliche Art zubereiteten.
2. Die Ökos, die ihr Müsli selber schroteten und sehr seltsame Ideen wie z.B. Makrobiotik und Vegetarismus verfolgten.
3. Die Modernen, die neueste Errungenschaften der Ernährungsindustrie goutierten und die Erleichterungen für die moderne Hausfrau freudig annahmen.
Meine Mutter zählte eindeutig zu den „Modernen”. Neben Zwiebel- und Asiasuppe aus der Tüte (serviert mit Butterbrot), Fondor-Gewürzschmischungen No. 1-6 und Paradiescreme zum Aufschlagen mit dem Handrührgerät, gab es eben auch gern die Spaghetti aus der Dose zum Mittagessen. Tomatenwürmer. Meine späteren ersten Teenager-Kochversuche mit Pasta-Level I (Miracoli) haben meine Eltern dann eher skeptisch betrachtet. Die Nudeln waren ihnen einfach zu bissfest – nein, auf „al dente” standen sie nicht so sehr. Außerdem mussten gleich zwei schmutzige Töpfe wieder sauber gemacht werden. „Kind, wie extravagant!”
Das alles änderte sich schlagartig durch die Einladung zum Klassen-Kochabend bei Lehrers daheim. Wir hatten uns mit 5–6 Mädels in ein rostiges, asiatisches Kleinstauto gequetscht und juckelten raus auf´s Land zu Reinholds Haus. Dort verbrachten wir dann einen sehr entspannten Abend und bereiteten unter seiner kundigen Anleitung zwei Pastasoßen selber zu. Einer dieser Soßen war so einfach und hat mir so unglaublich gut geschmeckt, dass es seit diesem Zeitpunkt zu Hause nur noch diese Soße gab. Auch meine Eltern waren begeistert – und bekehrt.
Zack! Von Pasta-Level I direkt auf die III katapultiert. Danke Reinhold. Auch für die unvergessliche Macbeth-Film AG bei der ich einen stammelnden Malcolm im Blaumann mit Bauerarbeiterhelm gab.
Und so geht´s für 2 Personen:
1 rote Zwiebel und 1 Knoblauchzehe pellen und fein hacken. 2 Handvoll braune Champignons putzen und in Scheiben schneiden. 80 g Schinkenspeck in Würfel oder Streifchen schneiden. 2 Tomaten in Würfel schneiden. 1 EL Olivenöl in einem kleinen Topf erhitzen. Zwiebel und Knoblauch darin anschwitzen, bis es großartig duftet. Den Schinkenspeck zugeben und 2 Minuten mitbraten. 1 Packung TK Italienische Kräuter (z.B. von Iglo) einrühren, mit 1 Becher Sahne aufgiessen und alles 1 Minute köcheln lassen. Dann die Tomatenwürfel und Champignons in die knallheiße Soße geben und ein paar Minuten ziehen lassen. Eventuell mit Salz und viel schwarzem Pfeffer abschmecken.
Auf al dente gekochten Lieblingsnudeln mit frisch geriebenem Parmesan servieren.
Ich musste gerade sooo schmunzeln bei der Typologie der 80er-Jahre-Nahrungslager! Das trifft es aber mal dermaßen auf den Kopf. Wobei meine Mutter sich je nach Wochenphase in Lager 1 oder Lager 3 einquartiert hat. Von Mo.-Fr. gab es abends, wenn Sie von der Arbeit kam, tapfer Tütensuppen und -bolognese sowie gerne auch Tütenschnitzelauflauf/Tütenhackbällchenpfanne. Am Samstag dann gern ein einfaches selbstbereitetes Mahl (gern: Schinkennudeln o.ä.), Sonntags ein dreigängiges Festmahl ohne Tüte.
Übrigens: selber Pastahacksoße kochen hab ich bei meiner Schultheaterleiterin gelernt, bei der wir einige Wochenenden zugebracht haben. Hiermit sei der liebsten Feli ein dickes Lob ausgesprochen!
Das ist ja mal wieder einer dieser wahnsinnig komischen Zufälle im Leben. Ich sitze hier zu Hause, eingemuckelt auf meiner Couch, klicke mich durch zahlreiche Blogs, lande zufällig auf deinem und was springt mir als erstes ins Auge? Der Name “Reinhold Hülsewiesche”. Denn, er war auch mein Philosophielehrer;) Ein sehr sympathischer Mann! Zufälle gibt`s;)
Ganz unabhängig davon werde ich mir das Gericht für die nächste Woche vornehmen. Es sieht nämlich köstlich aus:)
Viele Grüße!