Ich habe gerade durch Zufall einen lang verschollenen Freund wiederentdeckt: den guten, alten Kuchenboden. Der Mann erfreute mich nämlich mit der Botschaft, die Kita ließe ausrichten, ich möge bitte einen Kuchen für das Sommerfest fertigen. Bis morgen. Aha.
Kitas kümmern sich zwar prima um Kinder, wenn die Eltern arbeiten (herzlichen Dank für den Einsatz und all die Nerven an dieser Stelle!). Der straffe und wohlorganisierte Tagesablauf einer arbeitenden erziehenden Einheit stößt dort aber gern auch mal auf Unverständnis. Wie, zu kurzfristig? Den Kuchen kann man doch mal schnell abends backen – das ist doch kein Problem. Doch, es IST ein Problem. Nicht, dass man nicht wollte. Aber wer lechzt schon danach, an der Tanke die Zutaten zu kaufen und sich um 23 Uhr in die Küche zum Backen zu verfügen? Eben. Und außerdem habe ich immernoch keinen Ofen. So kam es seinerzeit ja auch schon zur Rittertorte ohne Backen.
Dieses Mal konnte ich mich mit einem Erdbeerboden aus der Affäre ziehen. Kuchenboden kaufen, Erdbeeren, kindgerechte Schokokugeln und Guss drauf – fertig. Dabei fiel mir auf, dass ich seit Jahren keinen Obstboden gegessen hatte. Weder auf einem Geburtstag noch bei einem Firmenumtrunk.
Warum ist der Kuchenboden in den letzten Jahren eigentlich so ganz in Vergessenheit geraten? Man beschäftigt sich mit raffiniert dekorierten Cup Cakes, füllt Törtchen mit Tomkabohnen und backt jede Menge Matcha-Kekse. Natürlich sind das auch alles ganz köstliche Dinge. Aber nichts gibt frischem, reifem Obst eine so gute Bühne wie ein Kuchenboden. So einfach, so simpel und unheimlich gut! Ach ja: und sehr schnell.
Bei meiner Oma gab es am Wochenende häufig einen Obstboden. Das ist mir plötzlich wieder eingefallen, als ich in der Küche stand und gewissenhaft die Früchte auf dem Rührteigboden plazierte. Im Sommer hat sie Erdbeeren, Stachelbeeren und andere frische Beeren aus dem Garten verwendet. Die Winter-Variante wurde mit Bananen oder Dosenobst bestückt. Manchmal war Pudding unter den Früchten und meistens Tortenguss oben drauf. Dazu gab es immer, wirklich immer, frisch geschlagene Sahne.
Zeit, dem Kuchenboden wieder einen würdigen Platz im relevant set der Backwaren zu verschaffen!
Heute machen wir einen Stachelbeerboden zum Stachelbeertörtchen: Basis ist ein gekaufter Rührteigboden (Mürbeteig ist mir irgendwie zu bröckelig). Da auch reife Stachelbeeren eher säuerlich sind, kommt eine Schicht ganz leicht gesüßter Vanillepudding auf den Boden. Die Beeren habe ich nicht zerteilt, damit man auch wirklich das pralle Fruchterlebnis im Mund hat. Und die Sahne wird durch eine ganz zarte, fluffig-leichte und glänzende Wolke ersetzt: frische Meringue.
So geht´s:
Die Stachelbeeren waschen, auf Küchenkrepp sorgfältig trocknen und dann die kleinen pieksigen Blüten- und Stengelansätze entfernen.
1/2 Tütchen Vanillepudding-Pulver nach Packungsanweisung zubereiten (üblicherweise werden dabei 250 ml Milch benötigt) dabei aber nur 1 EL Zucker zugeben.
Den noch heißen Pudding auf dem Kuchenboden verstreichen. Bevor er fest wird, die Stachelbeeren in Kreisen von außen nach innen in den Pudding setzen.
Jetzt kommt die Krönung: 2 Eier trennen und die Eiweiße in eine Rührschüssel geben (die Eigelbe kann man für ein Ceasars Dressing oder Spaghetti Carbonara am selben Tag verwenden). Die Eiweiße mit dem Handrührgerät steif schlagen und dabei nach und nach 2 EL Puderzucker einrieseln lassen. Die Meringue ist fertig, wenn die Masse sehr steif ist und schön glänzt.
Von der Roten Inge hatte ich noch ein paar trockene Baisers übrig. Die kamen zerkümelt als Crunch in die frische Meringue.
Die Meringue mit einem Löffel auf die Stachelbeeren setzen. Dabei ruhig unregelmäßig arbeiten und Spitzen und Huckel formen. Zum Schluss die Meringue mit dem Handbrenner kurz überflammen oder für 1 Minute unter dem heißen Backofengrill bräunen. Das sieht einfach so hübsch aus!
Verrätst Du mir Deine Lieblingsfrüchte oder spannende Kombinationen für Obstböden?
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