Tafelspitz mit Aussicht, Schlummern mit dem kleinen Schaf und Aufstehen mit Bio-Kühen. Ein Kurz-Trip nach Vorarlberg mit #sennermeetsblogger

Enthält Werbung für österreichische Bio-Kühe

Meine erste Reise ins Ausland seit zwei Jahren – das ist tatsächlich etwas unwirklich und gleichzeitig total fantastisch. Ich stehe in der bezaubernden Stadt Feldkirch auf einer kleinen Brücke und schaue dem hellblauen Wasser eines Flüsschens hinterher. Die Luft, die Sonne, die Landschaft – hach, das Ganze hat eindeutig schon sehr südliches Flair. Für das großartige Projekt #sennermeetsblogger der AMA bin ich dieses Mal nach Vorarlberg in Österreich gereist. Und ich habe mich ziemlich verflixt doll darauf gefreut.

Heute morgen war ich noch im platten Hamburg superfrüh am Flughafen, habe an den Sicherheitsschleusen mehrere Kanaren-Bomber mit betagten, sehr aufgeregten, nicht-abstandhaltenden und Koffer-in-die-Hacken-fahrenden Senioren überwunden (ich hatte schon ganz vergessen wie das früher immer war). Habe mir in München einen Mietwagen geschnappt (keine Wartezeit, YAY!) bin losgedüst und kurz hinter der deutschen Grenze ahnungslos in den längsten, geradesten und dunkelsten Tunnel gefahren, den ich jemals erlebt habe (ist zufällig noch irgendjemand mit Tunnelphobie anwesend?). Nun. Es war aufregend. Irgendwann bin ich auch wieder aus diesem Schreckens-Tunnel aufgetaucht. Auch wenn ich daran schon fast nicht mehr geglaubt hätte.

Und dann: Klapp – das Bilderbuch blättert eine Seite weiter und schon findet man sich in einem absolut entzückenden Urlaubspanorama wieder:

Köstlicher Tafelspitz „with a view“ und sanftes Schlummern im kleinen Schaf

Ich schlendere durch das beschauliche Feldkirch mit seinem historischem Ortskern, genieße eine Weißweinschorle (G´Spritzer-sauer) in der Sonne, flaniere durch kleine Gassen und lasse mich einfach mal eine Zeitlang treiben. Bis sich Hunger einstellt. Ich konsultiere dieses Internetz.

Die „Wirtschaft zum Schützenhaus“ wird warm empfohlen. Gute regionale Küche mit lokalen Produkten – da muss man mich nicht zwei Mal bitten. 10 Minuten später sitze ich in dem lauschigen Garten des rustikalen Gasthofs und genieße den Ausblick ins Tal und auf die mittelalterliche Schattenburg. Ich bestelle Pikantes Beef Tartar vom Bio Bergweide Rind und Tafelspitz vom Allgäuerhof Kalb mit Apfelkren, Blattspinat & Rösti. Beides ist tadellos. Dazu ein kleines Gläschen sehr erfreulicher Grüner Veltliner (ich muss später noch fahren) … Vorarlberg gefällt mir bisher ganz ausgezeichnet.

Als es langsam dunkel wird, mache ich mich auf den Weg zu meiner Unterkunft. Der Landgasthof Schäfle (kleines Schaf) ist seit mehreren Generationen im Besitz der Familie Fulterer und besticht durch moderne, unaufgeregte Zimmer, sehr angenehme Bäder und ein fantastisches Frühstücksbuffet (von der Seniorchefin persönlich zubereitet). In dem kleinen Garten kann man prima einen lauen Spätsommerabend ausklingen lassen. Ortsansässige essen übrigens unter der Woche im Schäfle gern ein bodenständiges, sehr gut zubereitetes Abendessen mit ausgezeichneten regionalen Weinen und aufmerksamem Service. Am Wochenende ist die Küche geschlossen – dann ist Familienzeit bei den Fulterers.

Obwohl ich den Abend noch mit einer 26-Mann starken, charmanten Eishockeymannschaft in Feierlaune im Garten ausklingen lassen könnte (gerade die einzigen anderen Gäste außer mir), ziehe ich mich zeitig zurück. Denn am nächsten Morgen geht es früh los. Schon wieder. Ich schlummere sanft im kleinen Schaf.

11 Generationen, 25 Bio-Kühe und ständig hungrig nach Innovationen: Die Hehles verknüpften Tradition mit modernster Milchwirtschaft.

Siebenuhrschießmichtot am nächsten Tag und ich stehe im ersten Sonnenschein hoch oben über Bregenz. Die überaus sympathische Helga von einer örtlichen Molkerei hat mich die kurvigen kleinen Sträßchen den Berg hinauf kutschiert und wird heute mein persönlicher Tourguide sein. Erste Station: Die Bio-Kühe von Bauer Hehle.

Landwirt Hubert Hehle hat als junger Mann eigentlich Automechaniker gelernt. Autos fand er damals unglaublich spannend. Aber nach ziemlich kurzer Zeit wurde ihm ziemlich klar, dass „die Decke in der Werkstatt einfach zu niedrig hängt“. Er wollte mehr Kontakt mit Draussen, mit Natur und Luft. Sein Onkel bewirtschaftete damals den Hof, der bereits seit 10 Generationen in Familienbesitz war. Hubert stieg bei ihm ein und übernahm die Hofnachfolge. Er hat es niemals bereut, erzählt er mir. Und ich glaube ihm das sofort.

Perspektiven in der Landwirtschaft: Ein 365-Tage-Vollzeitjob mit Vision

Dabei ist die Landwirtschaft wirklich kein Kindergeburtstag: Sehr früh aufstehen, lange arbeiten, auch körperlich, 365 Tage im Jahr für die Tiere da sein, kein Urlaub, geschweige denn Fernreisen – das muss man wollen. Und man muss darin eine Perspektive sehen.

Hubert Hehle hat seine Perspektive für den Traditionshof schon vor mehr als 12 Jahren gefunden: Er hat als einer der ersten Bauern in der Region Vorarlberg auf Bio-Milchwirtschaft umgestellt. Viele seiner Kollegen haben damals den Kopf geschüttet und vielleicht auch ein bisschen mitleidig gelächelt. Bio? Kompliziert, viele Auflagen, teurer als konventionelle Milchprodukte … man war sehr unsicher, ob sich dafür überhaupt ein Markt entwickeln würde.

Aber Hubert sah da seine Chance, langfristig den Hof zu halten. Und er behielt Recht. „Als Landwirt musst du immer noch vorne schauen und immer nach neuen, besseren Lösungen suchen. Für den Hof und für das Tierwohl.“ Heute betreibt er seine Milchwirtschaft mit 25 Bio-Kühen und einer eigenen Nachzucht.

Sein Sohn Andreas hat übrigens schon zugesagt, den Hof zu übernehmen und in der 12. Generation weiterzuführen. Läuft.

Hubwert und Andreas Hehle Biobauern in Vorarlberg | FoxyFood.de

Österreich hat in der EU in Sachen BIO die Nase ganz weit vorn

In der EU ist Österreich übrigens die Nummer 1 beim Bio-Landbau. Rund 26 Prozent der Fläche werden nämlich biologisch bewirtschaftet und jeder fünfte Betrieb ist Bio. Das Land der Berge ist daher auch das Land der Bio-Lebensmittel.

Und Bio ist leicht zu erkennen: Auf den Verpackungen sind EU-Bio-Logo und AMA-Biosiegel gesetzlich abgesicherte Hinweise auf diese spezielle Form der Bewirtschaftung. Rechtliche Basis für Bio ist die EU-Bio-Verordnung. Die AMA-Marketing stellt darüber hinaus weitere Anforderungen an Produkte mit dem AMA-Biosiegel. Grundsätze sind:

  • Wirtschaften in Kreisläufen und eine möglichst große Vielfalt bei Pflanzensorten und Tierrassen sollen die Biodiversität erhöhen. Besonderes Augenmerk wird auf artgerechte Tierhaltung sowie Fütterung mit Bio-Futtermitteln gelegt.
  • Es gibt keinen Einsatz von Gentechnik, auch Fremdenergie wird minimiert.
  • Auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und synthetische Mineraldünger wird verzichtet. Das fördert ein vielfältiges Bodenleben.

Den ganzen Tag auf der Wiese: Bauer Hehles Bio-Kühe haben frisches Gras mit Ausblick.

Dann lassen Hubert und ich „seine Mädels“ aus dem Laufstall auf die Weide. Die Kuh-Damen muhen schon fordernd, als Hubert die Tür öffnet und drängen hinaus. Als sie mich entdecken, werde ich sehr aufmerksam beäugt. Ich gehöre nicht zur täglichen Routine und das muss erst einmal genau analysiert werden. Kühe schätzen keine Fremden, ich könnte eine Bedrohung für die Herde sein.

Ich mache freundliche Geräusche und spreche beruhigend. Und irgendwann trotten die Mädels dann an mir vorbei und marschieren ganz allein auf die Weide, die hinter dem Hof beginnt. Dort werden immer neue Bereiche großzügig abgesteckt, damit die Kühe ständig frisches Gras und Kräuter fressen können. Das tun sie übrigens mit einem atemberaubenden Panorama-Blick auf den nahen Bodensee.

Auch wenn seine Bio-Kühe fast das ganze Jahr draussen auf der Weide verbringen und nur nachts in den Stall kommen, hat Bauer Hehle vor einigen Jahren in den großzügigen neuen Laufstall mit einigen technischen Raffinessen investiert. Da kommen dann schon mal ein paar hunderttausend Euro zusammen. Wohlgemerkt für 25 Kühe.

Ursprünglich gehörte zu dem Traditionsbauernhof wie üblich ein kleiner und recht dunkler Stall, in dem die Kühe nachts und im Winter in Anbindehaltung standen. Eine interessante Information für alle, die annehmen, früher sei auf Bauernhöfen grundsätzlich alles besser gewesen – da lohnt ein tieferer Blick.

Heute können sich die Bio-Kühe in ihrem modernen und großzügigen Stall nachts und im Winter frei bewegen, es gibt ein Kinderzimmer für die etwas älteren Kälber, Liegeboxen mit Stroh, Massagebürsten fürs Kuhentertainment und regelmäßige Pediküre vom Profi.

Der moderne Bio-Kuh-Lifestyle: Fußpflege vom Profi und ein Gagdetto-Mistschieber

Denn auch wenn sich für den Laien das Thema Laufstall nur positiv anhört – für die Landwirte entstehen dadurch ganz neue Probleme. Wie zum Beispiel die Fußgesundheit der Kühe. Weil die Kühe sich frei bewegen können, lassen sie ihren Mist natürlich überall fallen. Und das führt zu einem feuchten Klima auf dem Boden, in dem sich schnell Krankheiten an den Kuhklauen entwickeln können.

Regelmäßige Fußpflege an der Kuh vom eingekauften Profi und eine pikobello Mistbeseitigung im Stall helfen dabei, die Kuhklauen gesund zu erhalten. Bauer Hehle hat dafür einen speziellen Mist-Schieber einbauen lasen, der mich in totale Begeisterung versetzt (ja, ich habe durchaus ein Faible für Technik). Wie ein mehrere Meter breiter Schrubber mit Gummilippe fährt der Schieber automatisch durch den Stall und reinigt ihn nahezu vollständig von allen Hinterlassenschaften. Der Mist fließt dann automatisch durch ein Leitsystem in eine Anlage und wird zu Gülle aufbereitet. Eine ganz fantastische Angelegenheit!

Gemeinsam stärker: Die Genossenschaft der Vorarlberger Milchbauern

Wie die meisten seiner Landwirt-Kollegen der Region ist Hubert Hehle genossenschaftlich organisiert. Er ist sozusagen einer von ganz vielen Miteigentümern einer Molkerei und kann die Prozesse der Milchverarbeitung und -vermarktung mitbestimmten. Die Milch seiner Bio-Kühe wird jeden Tag vom Laster der Molkerei abgeholt und runter nach Feldkirch gefahren und zu zertifizierten Milchspezialitäten verarbeitet. Dabei wird natürlich streng drauf geachtet, dass Bio-Milch, Heumilch und Milch konventioneller Kühe getrennt transportiert werden.

Was dann genau mit der Milch passiert werde ich mir später noch zusammen mit Helga anschauen. Aber erst einmal müssen wir Bauer Hehle jetzt Tschüss sagen – der ist sowieso schon ganz hibbelig: viel zu tun – es muss heute unbedingt noch gemäht werden … das Wetter … das Heu … wir winken.

Nach einem letzen Panorma-Blick auf den Bodensee kurven wir die kleinen Sträßchen wieder hinunter. Es ist eindeutig Zeit für ein zweites Frühstück an der Uferpromenade von Bregenz.

Aber davon soll im zweiten Teil der Reise erzählt werden.

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