Der Winter kommt. Wir räumen auf. Und das seit gefühlten 997 Tagen. Tatsächlich ist es erst knapp drei Wochen her, dass sich die Kleinfamilie ein Herz gefasst und – alle für einen, einer für alle – den großen heiligen Aufräum-Schwur geleistet hat. Das Wohnungs-Tetris soll endlich ein Ende haben und es wäre schon ganz schön, man könnte auch mal eine Schranktür öffnen, ohne dass eine alpine Gerödel-Lawine auf einen herniedergeht. Das nervt und zehrt und hemmt.
Wem gehört das ganze Zeug eigentlich? Uns doch nicht! Da müssen sich zwei bis drei weitere Kleinfamilien nachts heimlich hier reinschleichen und ihre Besitztümer bei uns abladen. Ich bin sicher. So muss es sein. Wir sind nicht schuld.
Aber wenn wir den Zustand jetzt nicht erfolgreich in den Griff kriegen, dann wird demnächst Tine Wittler mit ihrer beherrscht-sorgenvollen Mine bei uns auflaufen. Und der Off-Sprecher sagt in tadelnd-getragenem Tonfall „In diesem schrecklichen Chaos lebte die Kleinfamilie für viele Jahre. Erst als die Playmobil-Eisenbahn aufgrund ihrer Masse durch den Fußboden zu den Nachbarn brach, wussten die 39-jährige Werberin und der sehr gut aussehende Journalist und Autor, dass hier etwas passieren muss.”
„Was besser werden soll, muss erst mal schlimmer werden”, doziert eben dieser gut aussehende Mann und hievt einen weiteren riesigen Plastik-Ordnungs-Container vom schwedischen Möbelhaus auf die Spitze von irgendeinem Gerümpelberg. „Samla, bitte errette uns!”, bete ich heimlich, während sich mein Fuß zwischen zwei riesigen blauen Schweden-Tüten mit Stofftieren verkeilt.
Am Horizont erscheint langsam ein schmaler roter Sonnenaufgangsstreifen. Es ist Land in Sicht. Sozusagen. Oxfam hat sich bereits über fünf blaue Tüten mit Kinderklamotten gefreut. Und ein Heer von namenlosen Stofftieren in Tüten wird noch folgen. Das Playmobil inklusive Arche Noah, Katamaran, Hochseejacht, Ritterburg in Originalgröße und 37,8 Kilometer Plastik-Güterzug-Schienennetz (mindestens!) kommt zum SOS-Kinderdorf – wir müssen dafür nur noch schnell einen Sattelschlepper organisieren.
Die Hälfte meines Küchenklimbims ist in der „Zu-Verschenken-Ecke” von unserem Haus gelandet. Mögen andere Menschen mit 1.784 weißen Schüsselchen und 3 Dutzend Schneebesen sehr glücklich werden – in meiner Küche herrscht jetzt Einzelhaltung.
Ach ja: Gestern habe ich auch mein Sideboard verschenkt. Als die beiden Jungs das 2-Meter-Monstrum die Treppe runtertrugen, wurde ich kurz sentimental. Das Designer-Teilchen hatte ich auf einem Ausflug nach Holland von meinem ersten richtigen Gehalt gekauft. Zusammen mit meiner ältesten Freundin Vivi. Aber eine Kleinfamilie braucht mehr Freiraum. Und Stauraum. Und am besten eine 4-Zimmer-Wohnung. Im üblichen Viertel. Ihr wisst, wie es ist.
Das eigentlich wirklich Nervige am Aufräumen ist allerdings nicht die momentane tornadoähnliche Anordnung unseres gesamten Besitzes. Das eigentlich Schreckliche ist: Ich komme nicht zum Kochen. Wir hangeln uns mit schnell gerührten Gemüsepfannen und Verpflegungstüten vom Thailänder durch die Abende. Aufräumen oder kochen – da gibt es im Moment keine zwei Meinungen. Dabei hat das Kochen doch einen so beruhigenden und reinigenden Effekt auf meine arme, kleine gebeutelte Seele.
Darum habe ich mich dann am Samstag in die Küche geschlichen und etwas für meine Nerven getan. Mit meinen beiden Küchenkumpanen Blätterteig und Hokkaidokürbis unterm Arm. Die beiden sind so unkompliziert wie pflegeleicht und machen einfach alles mit. Blätterteig ist ja durchaus anspruchsvoll in der Herstellung, sodass man ihn (auch als Foodblogger) nicht selber machen muss und schön die Rolle aus dem Kühlregal nach Hause schleppen kann. Groß! Und mit dem Hokkaido, der nicht nur eine wunderbare Farbe hat, sondern auch nicht geschält werden und nur kurz gegart werden muss, hat man ruckizucki etwas richtiges und gutes im Bauch. Kurz noch ein paar Zwiebeln schmoren, Käse krümmeln und alles in eine Form schichten, Teig obendruff – ZACK! – schon hat man eine köstliche Kürbis-Tarte Tatin. Die macht optisch und geschmacklich einiges her und ist Balsam für Nerven und Seele.
Bittesehr:
Und hier kommt das Rezept für eine knusprige Tarte Tatin mit Kürbis, geschmorten roten Zwiebeln und Ziegenkäse:
1 Rolle fertigen Blätterteig aus dem Kühlschrank nehmen und mindestens 15 Minuten bei Raumtemperatur liegen lassen.
4 rote Zwiebeln pellen, in Scheiben schneiden und in 1 EL Butter oder Ghee in einer Pfanne auf kleiner Hitze ca. 10 Minuten weich schmoren. Mit Salz, Pfeffer, 1/2 TL getrocknetem Rosmarin und 1 Prise Chili würzen. 1 Knoblauchzehe pellen, in feine Scheiben schneiden und ein paar Minuten mitschmurgeln. Die Zwiebeln mit 1 Schuss Weißwein ablöschen und die Flüssigkeit einziehen lassen. Zur Seite stellen.
1 kleinen Hokkadiokürbis abbürsten, Stil und Blüte entfernen und den Kürbis halbieren. Das Heu und die Kerne mit einem Löffel ausschaben und das Fruchtfleisch in 1 cm dicke Spalten schneiden. In einer tiefen Pfanne oder einen Topf Wasser zum Kochen bringen und den Kürbis 3–4 Minuten darin köcheln lassen (er soll noch bissfest sein). Die Kürbisspalten aus dem Wasser heben und auf Küchenpapier gut abtropfen lassen.
Den Backofen auf 200 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.
Eine Tarteform (oder mehrere kleine) einölen und mit Backpapier auslegen. Aus 2 EL Butter und 2 EL (Puder)Zucker in einer beschichteten Pfanne Karamell herstellen: Die Butter auf mittlerer Hitze schmelzen, den Zucker einrühren und köcheln lassen, bis die Masse flüssig und leicht gebräunt ist. Karamell auf dem Backpapier verteilen. VORSICHT! Das Karamell ist unglaublich heiß!
Die Kürbisspalten dekorativ darauf anordnen und mit Salz und Pfeffer würzen. Eine gleichmäßige Schicht der Zwiebeln darauf verteilen. 1 Packung Feta aus Ziegenmilch zerkrümeln und auf die Zwiebeln streuen. Den Blätterteig ausrollen und der Form(en) entsprechende Kreise ausschneiden. Die Füllung mit dem Teig bedecken, die Seiten in die Form(en) stecken und den Teig sanft festdrücken.
Die Tarte 15 Minuten bei 200°C backen. Dann weitere 20–25 Minuten bei 160°C backen (oder bist der Teig appetitlich gebräunt ist).
Die Tarte aus dem Ofen holen und 10 Minuten abkühlen lassen. Einen Teller auf die Tarte legen und zusammen mit der Form mit einem beherzten Schwung umdrehen. Die Form abheben und das Backpapier abziehen. AHHHHH!
Tipps:
Die fertig geschichtete Tarte kann vor dem Backen einen Tag im Kühlschrank gelagert werden.
Der fertig gebackene Tarte hält sich – vollständig ausgekühlt und mit Frischhaltefolie bedeckt – bis zu zwei Tage im Kühlschrank. Zum Servieren für 10 Minuten bei 150°C im Ofen aufbacken.
DANKE! Ich liebe sowohl Text als auch Rezept und gehe gleichmorgen SAMLA kaufen. Allerfreundlichste Grüße von Karlakolumna
OMG sieht das lecker aus.
Habe mir das Rezept sofort abgespeichert =)
LG Sarah
Oh Maaaa: Seit ich dieses Rezept gesehen habe, kann ich keinen Moment länger auf meine Mittagspause warten!
Das sieht sowas von köstlich und wunderschön aus!!!
Danke <3
Oh, ich will auch nur essen und nicht aufräumen! Her mit der Tarte! :-)
Ich. liebe. solche. Postings.
Weil sie das Leben beschreiben und die Leserin zu Hause, die zwischen
Gedöns und Kram sitzt, heftig mit dem Kopf nickt!
Danke dafür!
Und Deine Kochergüsse sehen hervorragend aus!
GLG Bine
Hab das Rezept schon ausprobiert, soooooo lecker, nur hab ich das mit dem Karamell nicht hinbekommen, hab einfach Honig genommen und war auch super lecker, tolles Rezept!
Hallo Mel, ich habe eben Deine Kürbis-Tarte nachgekocht – au weia, ist die LECKER!!! Und das, obwohl ich mir eigentlich gar nichts aus Blätterteig und Kürbis mache….was wiederum zu der Frage führt, warum ich das überhaupt nachkochen wollte?!?!? Jedenfalls Danke!! für das Rezept, wird wieder mal gemacht :-)
Sieht so toll aus danke für das Rezept!!
Love Katie
Wunderbares Rezept. Vor allem die Aufbereitung finde ich traumhaft.
Mir wäre das allein schon zu schade zum essen, sieht wirklich sehr sehr lecker aus!! Werde ich morgen abend gleich mal nachbacken!! :)
Sehr schnell zubereitet und absolut lecker! Die Ziegenkäse passt mega dazu und lässt es so einzigartig schmecken :) Vielen Dank für diesen Rezept :)